Die Aufmerksamkeit einer Zielgruppe zu erlangen, ist für jedes Unternehmen von hoher Relevanz. Jedoch ist diese Aufmerksamkeit in einer Zeit, in der wir stetig reizüberflutet und von visuellen Einflüssen erschöpft sind, ganz und gar nicht selbstverständlich! Und selbst, wenn ein Unternehmen seine (potentiellen) Kunden erreicht, gibt es eine weitere Hürde: Wie kann man es schaffen, sich gegen Mitbewerber durchzusetzen? Denn wenn man ehrlich ist, sind die eigenen oder wenigstens vergleichbare Produkte, meist auch bei vielen anderen Anbietern verfügbar. Lediglich Artikelnummern oder Produktnamen werden bei Google eingegeben und innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde, dank der Shopping-Funktion, unzählige Alternativen präsentiert. Damit die Käufer sich trotzdem für das eigene Produkt entscheiden, muss man ihr Vertrauen gewinnen. Hierfür sind authentische, zielgruppengerichtete Werbekampagnen ein maßgebendes Instrument.
Natürlich kann man in seinen Werbekampagnen beteuern, dass die eigenen Produkte die qualitativ Hochwertigsten, Langlebigsten und Günstigsten sind, oder der eigene Service am Besten ist. Für Vertrauenswürdigkeit und Glaubwürdigkeit sorgt man durch derartige Aussagen allerdings nicht. Denn dies kann jedes andere Unternehmen ebenfalls von sich behaupten!
Trotz alledem gibt es Werbekampagnen, die mein Interesse geweckt haben. Und genau diese Kampagnen sind mir im Gedächtnis geblieben, weil sie einem gegenwärtigen Trend folgen: Statt oberflächlicher Werbefloskeln verwenden sie realitätsnahe Aussagen, die ein hohes Identifikationspotential haben. Außerdem zeigen sie vermeintliche Schwachstellen der Marken oder Produkte auf und interpretieren diese positiv. So konnten mich die folgenden vier Kampagnen überzeugen:
1. Haferkraft-Riegel von Corny
Die amüsante Kampagne von Corny war vor ein paar Monaten in einigen deutschen Städten zu sehen. Mit den Berliner Versionen „An alle da draußen, die ihren Wocheneinkauf im Späti starten…“ und „An alle da draußen, die montags in der U2 brunchen“ dürften sich wohl ein paar Berliner ertappt fühlen. Ich bin durch den Spruch „An alle da draußen, die 2019 noch Chia lieben“ auf die Kampagne aufmerksam geworden. Denn der weit verbreitete Hype um sogenannte Superfoods ist zwar tatsächlich stark zurück gegangen, aber das etwas beruhigende Gefühl, mit Chia anstelle von Schokolade im Müsliriegel ein bisschen gesünder unterwegs zu sein, bleibt.
2. Der Dacia-Slogan „Statussymbol für alle, die kein Statussymbol brauchen.“
Dieser sympathische Slogan hat sich förmlich in mein Gedächtnis eingebrannt! „Mehr Wichtiges, weniger unnötige Extras.“ So lautet die Philosophie des Automobilherstellers. Im Gegensatz zu vergleichbaren Herstellern wird bei Dacia nicht versucht, mit der Marke etwas zu repräsentieren, was sie nicht ist. Sie kennen ihre Zielgruppe, die hauptsächlich aus Bedarfskunden besteht und sprechen diese genau richtig an!
3. „Grow up“ von Mercedes Benz
Die Kampagne wurde bereits im Jahr 2017 veröffentlicht und war mir zugegebenermaßen nicht bekannt, bis sie beim Grow Digital Labs – H.O.P.E. for future marketing Event als Beispiel verwendet wurde und dort wirklich begeistert hat! In dieser Kampagne wurde das typische Mercedes-Image neu interpretiert.
Denn mit Mercedes verbinden viele Menschen eher etwas ältere und gediegene Herren, was für jüngere Leute natürlich nicht sehr attraktiv wirkt. Dessen ist sich auch Mercedes bewusst. Anstatt dieses Image aber völlig von sich zu weisen, vermitteln sie mit ihrer Kampagne, dass sie durchaus Autos für bodenständige, verantwortungsvolle Kunden bauen. Sie appellieren daran, dass die neue Generation erwachsen werden – und dann natürlich auch Mercedes fahren – sollte. Erwachsensein wird jedoch nicht als prüde und langweilig dargestellt: Erwachsenwerden und Verantwortung übernehmen ist aufregend, spannend, herausfordernd und zudem ziemlich cool. Vor allem, weil ASAP Rocky in einem der Videos mitwirkt und die Geschichte erzählt, wie er zu seinem „Job“ als Rapper kam.
4. #einfachmalmachen von Lucky Strike
Wenn ich an Werbekampagnen für Zigaretten denke, denke ich an spaßige Roadtrips durch Amerika oder lange Partynächte mit Freunden. Der genussvolle und meistens mit Sorglosigkeit verbundene Konsum steht hier im Vordergrund. Anders sieht das bei der „Einfach mal machen“-Kampagne von Lucky Strike aus. „Mut haben. Zur Lücke. Im Lebenslauf…“ steht auf den großflächigen Plakaten. Und auch in dieser Aussage steckt mehr Realität. Denn geraucht wird immerhin bekannterweise nicht nur in freudigen Momenten, sondern eben auch, wenn man vielleicht gerade wieder ein erfolgloses Bewerbungsgespräch hinter sich hat.
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