Bevor ich auf die Ergebnisse der embrace Studie eingehe möchte ich ein paar Worte über Gero Hesse, Medienfabrik embrace und auch über Employour schreiben …
Ich selbst komme aus Bielefeld, und die Medienfabrik mit dem Standort Gütersloh, eingebettet in Europas führenden Medienkonzern Bertelsmann, ist so ziemlich jedem hier, aber auch über die Grenzen von Bielefeld hinweg bekannt. Gero Hesse ist Geschäftsführer bei Medienfabrik embrace und einigen vielleicht auch als Inhaber und Blogger von saatkorn. geläufig!?
embrace ist eine Agentur für Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting sowie Anbieter der Berufs- und Studienorientierungsplattform blicksta für Schüler aller Schulformen und des Karrierenetzwerks careerloft für Studenten und Absolventen. Mit dem Zielgruppenwissen aus den eigenen Netzwerken und der Kompetenz als Agentur schafft embrace inspirierende Beziehungen zwischen Talenten und Arbeitgebern. Das Besondere: der Begriff „Talent“ wird bei embrace ganz weit gefasst und bezieht sich nicht nur auf High Potentials …
Im November 2015 übernimmt Gruner + Jahr dann Employour, DIE Anlaufstelle für erfolgreiches Nachwuchsrecruiting und innovatives Personalmarketing aus Bochum, und dockt sie an Medienfabrik embrace an. Es entsteht DER Marktführer für Schüler- und Studierendenmarketing.
Gemeinsam verzeichnen Employour und embrace auf ihren Plattformen mehr als zehn Millionen Seitenaufrufe pro Monat und verfügen über 200.000 registrierte Mitglieder – im Bereich der Nachwuchskräftegewinnung ist das mit Abstand Platz eins in Deutschland.
Nun aber endlich zur embrace Studie –
Die Studie beleuchtet die Einstellungen und Werte der Generation Y zum Arbeitsleben auf Basis der Entscheidungen und Ziele von mehreren Tausend Nachwuchstalenten. Neben soziodemografischen Teilen umfasst die embrace Studie 102 Fragen und Aussagen in verschiedenen Formaten (Bewertung, Ranking, Multiple Choice, offen) und wird online durchgeführt. Die Teilnehmer der Studie sind ausnahmslos Mitglieder des embrace-Karrierenetzwerks careerloft.
„Vergesst die Fachrichtungen!“ – so lautet ein Aufruf aus 2014 und sorgt für ordentlich Wirbel im Personalmarketing. Laut Studie lassen sich fachrichtungsübergreifend fünf verschiedene Karriere-Clustertypen ausmachen. Sie werden präsentiert als
- Karriere Kai
- Alles Anna
- Sucher Simon
- Familien Franzi
- Helfer Hannes
Vor diesem Hintergrund sollte man sich im Personalmarketing und Recruiting nicht in erster Linie Gedanken darüber machen, wie man beispielsweise Ingenieure pauschal anspricht, sondern was für einen Typus Ingenieur man eigentlich benötigt. Wie passt das Wertemuster der betreffenden Person zum Unternehmen und zur Aufgabe?
2015 gibt es eine neue embrace Studie „Karriere trifft Sinn“
„Wir stehen vor einem radikalen Wandel in der Arbeitswelt.“ (Gero Hesse)
Die fünf zentralen Ergebnisse der Studie lauten:
JUNGE FACHKRÄFTE …
- erwarten, dass sich Unternehmen ihren Wertevorstellungen anpassen
- denken, dass ethisches Verhalten wichtiger als Geld ist
- finden auf kurzfristige Rendite getrimmte Konzerne unattraktiv
- wollen Kinder gleich zu Karrierebeginn
- sagen Nein zu ständiger Verfügbarkeit und fremdbestimmter Arbeit
Diese Werte und Bedürfnisse werden zu einem radikalen Wandel in der Arbeitswelt führen, denn langfristig sitzen Nachwuchskräfte, bei dem in immer mehr Branchen spürbaren Fachkräftemangel, eben am längeren Hebel. Die embrace Studie legt einen umfangreichen Fragebogen zu Themen rund um Arbeit, Sinnerfüllung und Werte zugrunde.
Über 3.600 Antworten sprechen eine klare Sprache: Die Generation Y hat hohe Erwartungen an Arbeitgeber. Sie denkt ganz anders, nämlich viel ganzheitlicher und auch menschlicher über ihr (Arbeits-)Leben als vorhergehende Generationen.
Wichtig finde ich persönlich, dass Unternehmen diese Idee von einem anderen Leben beginnen ernst zu nehmen und sie eben nicht einfach und mit einem müden Lächeln beiseite wischen. Natürlich können „nicht passende“ Mitarbeiter schnell gekündigt und aus dem Unternehmen geworfen werden. Langfristig wird dieses Vorgehen aber eher nicht zum gewünschten Erfolg führen. Besser und vor allem zielführender wäre es, sich mit den Mitarbeitern und ihren Werten auseinanderzusetzen, um diese mit den Zielvorstellungen des Unternehmens auf einen Nenner zu bringen. Insgesamt bestätigt dies auch Gero Hesse mit folgenden Worten:
„Auch wenn es sich viele Top-Entscheidungsträger noch nicht vorstellen wollen oder können (da sie selbst in der Regel ja zur Generation X oder zu den Babyboomern gehören): In einer Zeit, in der nahezu alle Prozesse durchoptimiert sind, in der das Auslagern von Funktionen in Billiglohnländer immer weniger funktioniert, in der Vorteile durch überlegene IT-Systeme immer mehr egalisiert werden, da ja alle mit denselben Tools arbeiten und wir oft nur noch die letzten fünf Prozent optimieren, liegt die zentrale Kraft eines Unternehmens mehr denn je in den Mitarbeitern. Vor diesem Hintergrund lassen sich die obigen fünf Thesen nicht mit einem arrogant-süffisanten Lächeln vom Tisch wischen: Die junge Generation hat Macht.
Unternehmen müssen – wollen sie mittelfristig weiter erfolgreich sein – nicht nur die fachlich Passenden einstellen, sondern insbesondere diejenigen, deren Wertevorstellungen und Motivationstreiber am besten zum Unternehmen passen. Althergebrachte Recruiting-Kriterien wie Noten, Studienzeiten und Renommee der Hochschulen verlieren immer mehr an Bedeutung. Der individuelle Bewerber rückt ins Zentrum der Aufmerksamkeit von Unternehmen. Es ist also durchaus sinnvoll, sich intensiver mit den fünf Karriere-Clustertypen auseinanderzusetzen.“ (Gero Hesse)
Die Meinungen zu dem Thema gehen natürlich auseinander. Während die einen von einer geradezu „dreisten Generation, die noch nie richtig im Erwerbsleben gestanden hat“ sprechen, sehen andere die Möglichkeit und Chance einer Entwicklung, die im Normalfall immer auf Lernprozesse zurückzuführen ist. Wie in allen Bereichen schaut auch hier die Vorgängergeneration mit einem „Kopfschütteln“ auf die Folgegeneration.
Wie wichtig die Werte eines Unternehmens, Ethik und Kultur für junge Talente sind, zeigen vor allem folgende Ergebnisse:
- 79 Prozent der befragten jungen Talente es wichtig, dass ihr künftiger Arbeitgeber dieselben Werte vertreten soll wie sie selbst
- 67 Prozent des Fachkräftenachwuchses verlangen von ihrem potenziellen Arbeitgeber die Förderung von Gleichberechtigung und Diversität
- 65 Prozent wünschen sich eine soziale und kulturelle Verantwortung des Arbeitgebers
- 56 Prozent wünschen sich Engagement für Umwelt- und Klimaschutz
Bildquelle(n): © embrace.medienfabrik.de / screenshots
Je besser die Bezahlung desto höher die Motivation? Das scheint überholt:
Künftige Fach- und Führungskräfte wollen zwar gut bezahlt werden, aber sie legen ebenso Wert auf Ethik und Moral.
- 85 Prozent der befragten jungen Talente der embrace Studie ist es wichtig, sich ethisch zu verhalten. Eine Ellenbogenmentalität lehnt die zukünftige Fachkräfteelite Deutschlands entschieden ab
- 85 Prozent möchten alle Menschen gleich und gerecht behandeln
- 78 Prozent haben sich das Ziel gesetzt, für die Gesellschaft einen Mehrwert zu leisten
- Viel Geld zu verdienen ist dagegen nur für 73 Prozent der Befragten wichtig
- Auch wenn beruflich zunächst die eigene Selbstverwirklichung an erster Stelle steht, haben 60 Prozent das Ziel, mit ihrer Arbeit Menschen zu helfen und die Welt zu verändern
Wer schnell hohe Gewinne abwirft, ist meist auch im Wettbewerb um die besten Fachkräfte attraktiv:
Die embrace Studie zeigt, dass man künftig wohl von dieser Annahme abrücken muss, denn der Paradigmenwechsel auf dem Arbeitsmarkt für Hochqualifizierte hat bereits begonnen.
- 86 Prozent der künftigen Fach- und Führungskräfte Deutschlands sagen, dass ihr zukünftiger Arbeitgeber langfristige und stabile Erträge anstreben und sich von einer Geschäftspolitik der kurzfristigen Gewinnmaximierung verabschieden solle
- Ob der Arbeitgeber Marktführer ist (40 Prozent) oder bekannte Produkte oder Dienstleistungen anbietet (33 Prozent), ist ihnen dagegen weit weniger wichtig
- 56 Prozent der Befragten legen jedoch Wert darauf, dass sich ihr Unternehmen für Umwelt- und Klimaschutz engagiert
Nachhaltigkeit umzusetzen liegt in der Verantwortung der nachkommenden und jungen Generation. Es besteht also Hoffnung, dass diese jungen Menschen erkannt haben dass wir nur eine Welt haben in der wir leben und wirtschaften können.
Kinder oder Karriere!? Eine Entscheidung muss her:
Das Ergebnis der embrace Studie zeigt dass eine solche Entscheidung nicht mehr zeitgemäß ist. Heutige Studierende wollen alles sofort – vorbei die Zeit schlecht bezahlter Teilzeitjobs beim Wiedereinstieg und der Risiken bei späten Geburten.
- 54 Prozent der jungen Talente, Männer wie Frauen, möchten allerspätestens nach drei Berufsjahren Kinder bekommen
- 74 Prozent der Befragten wollen Karriere machen
- 79 Prozent wollen auf jeden Fall Kinder, nur 4 Prozent verneinen den Kinderwunsch
- Da die Mehrheit der künftigen Fach- und Führungskräfte Deutschlands sich gleich zu Karrierebeginn Kinder wünscht, verlangen folgerichtig auch fast drei Viertel (74 Prozent) Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Und dann wäre da noch die häufig angenommene Verpflichtung dazu dass Fach- und Führungskräfte mit ihrer Schrankwand ins Unternehmen einziehen. Karriere nur bei 50 bis 60 Stunden die Woche!??
Vor dem Hintergrund demografischer Entwicklungen und des drohenden Fachkräftemangels, wird die Mit- und Selbstbestimmung von Mitarbeitern dazu führen, dass auch Arbeitsbedingungen verhandelbar werden. Hinzu kommt der bereits oben angesprochene Wertewandel …
- 95 Prozent der zukünftigen Fachkräfte ist es wichtig, Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen
- 82 Prozent möchten die Arbeitszeit der persönlichen Situation anpassen können
- 71 Prozent wollen außerhalb der Arbeitszeiten nichts mehr erreichbar sein müssen
- 57 Prozent der Nachwuchstalente wünscht sich sogar explizit die freie Einteilung ihrer Arbeitszeit
Bildquelle(n): © embrace.medienfabrik.de / screenshots
Es wird mehr als deutlich, dass die Fach- und Führungskräfte der Zukunft einen größeren und höheren Sinn im Leben und damit auch in ihrem Berufsleben suchen. Jungen Menschen ist es wichtig sich selbst treu zu bleiben, nach den eigenen Werten zu handeln und das auf ihre Karriere zu übertragen. Sie bevorzugen sinnvolle Aufgaben und möchten auch sich selbst dabei weiter entwickeln. Sie möchten etwas wertvolles schaffen und einen Grund hinter dem Beruf sehen. Es ist also durchaus angebracht der Generation Y, um die es in der Studie geht, die nötige Aufmerksamkeit entgegenzubringen. Sie stellen selbstbewusst und bescheiden nämlich alte Systeme zur Disposition und fordern vor allem mehr Autonomie.