Journalismus vs. Influencer

Der Journalismus muss gegenwärtig an vielen Fronten kämpfen: Verleger legen Redaktionen zusammen und sparen somit Fachkräfte ein, Fake News & Co. manipulieren die Online-Berichterstattung, der Bürgerjournalismus verbreitet häufig schneller Meldungen im Internet als die Medien und Influencer etablieren sich als Meinungsführer.

Welche Gruppe der Meinungsführer ist stärker?

Es überrascht nicht, dass der Einfluss der Journalisten insbesondere durch Influencer zu schwinden scheint, die in vielen Fällen auf Hundertausende Follower zurückgreifen können. Immerhin entspricht diese Größenordnung den Auflagen von Regionalzeitungen und den Hörern zahlreicher Radiosender.

Doch kann man tatsächlich die journalistische Arbeit mit den Influencer-Aktivitäten gleichsetzen? In sechs Punkten treten die Gemeinsamkeiten deutlich hervor:

  1. Beide Seiten sind Meinungsführer und üben Einfluss auf Zielgruppen aus.
  2. Die Seiten sind beide durch die sozialen Medien verpflichtet, sich auf ihre User zu fokussieren.
  3. Beide nutzen zum Teil die gleichen Medienformate (wie Blogs und Podcasts).
  4. Es muss schnell reagiert werden, weil das Netz in Echtzeit agiert.
  5. Beide erhalten kritische Feedbacks hinsichtlich der Textinhalte und abgebildeter Fotografien.
  6. Und schließlich können beide Seiten als authentisch gelten durch ihre Persönlichkeit, den Stil ihrer Berichterstattung und die Themenkompetenz.

Und was unterscheidet die beiden Einflussnehmer-Gruppen generell?

  • Influencer verfügen in der Regel über keine journalistische Ausbildung, während Journalisten bspw. an einer Hochschule, Journalistenschule oder über ein Volontariat weitergebildet und qualifiziert werden.
  • Influencer sehen sich häufig als Marketer und fokussieren sich auf die Social Media-Kanäle wie Instagram, Facebook & Co. im Internet. Journalisten arbeiten hingegen on- und offline für unterschiedliche Medien und klassisch organisierte Angebote.
  • Influencer agieren aufgrund ihrer hohen Reichweite als digitale Markenbotschafter, um Unternehmen oder Produkte zu repräsentieren, und verfolgen oftmals die Interessen eines oder mehrerer Unternehmen. Journalisten dagegen nehmen ihre publizistische Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen – unbeeinflusst von fremden Interessen und sachfremden Beweggründen – wahr; die Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten wird beachtet.
  • Influencer stehen im indirekten Austausch mit ihren Followern; Journalisten sind erreichbar und können mit ihren Lesern, Fernsehzuschauern und Hörern über Redaktionen kommunizieren.
  • Influencer konzentrieren sich zumeist auf ein Themen- und Expertenspektrum, während Journalisten Lebensrealitäten aus unterschiedlichen Perspektiven aufzeigen und vielfältige Meinungen von Menschen darstellen.
  • Influencer vertreten ihre eigene Meinung oder die ihrer Sponsoren aus der Welt des Marketings und der Werbung; hinter Journalisten stehen keine Sponsoren und sie recherchieren in der Regel gründlich, bevor sie ihre Beiträge veröffentlichen.

Beide Seiten sind Meinungsführer und üben Einfluss auf Zielgruppen aus. Zweitens sind beide durch die sozialen Medien verpflichtet, sich auf ihre User zu fokussieren. Drittens nutzen sie zum Teil die gleichen Medienformate (wie Blogs und Podcasts). Viertens muss schnell reagiert werden, weil das Netz in Echtzeit agiert. Fünftens erhalten sie kritische Feedbacks hinsichtlich der Textinhalte und abgebildeter Fotografien. Und sechstens können beide Seiten als authentisch gelten durch ihre Persönlichkeit, den Stil ihrer Berichterstattung und die Themenkompetenz.

Ein weiterer Gesichtspunkt kommt hinzu: Influencer können auf kein klares Berufsbild zurückgreifen und sind in einem Umfeld aus Public Relations, Journalismus und Werbung angesiedelt. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Influencer den Journalismus im Allgemeinen positiv bewerten, während der Journalismus vor allem die unkritische Berichterstattung der Influencer bemängelt.

Aber konnten sich Influencer gegenüber dem Journalismus Vorteile verschaffen?

Untersuchungen lassen den Rückschluss zu, dass hauptsächlich zwei journalistische Gattungen von den Influencern besonders bedroht sind: der Reisejournalismus und die Beauty-, Lifestyle- und Mode-Berichterstattung. Die Nachfrage an Reisejournalisten ist deshalb stark rückläufig, weil sowohl die Etats für Recherchen als auch für Honorare reduziert wurden. Hinzu kommt, dass Influencer, aber auch semiprofessionellen Blogger, über Reisedestinationen in aller Welt berichten. Nachteilhaft wirkt sich bei der Beauty-, Lifestyle- und Mode-Berichterstattung aus, dass die meisten weiblichen Influencer diesen Themenbereich aufgreifen. Und dadurch stehen Sie insbesondere in Konkurrenz zu den Beauty-, Lifestyle- und Modezeitschriften, die teilweise weniger Leser haben als einzelne Influencer.

Zurück zur Frage, welche Gruppe der Meinungsführer stärker ist: Journalisten – in ihrer Gesamtheit – gelten als die bedeutendste Influencer-Gruppe, zumal sie auf zahlreiche Mediengattungen zurückgreifen (Radio, Fernsehen, Print und Internet) und theoretisch jeden Bundesbürger erreichen können. Entscheidend ist auch, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung immer wieder das „Wächteramt“ der Medien bekräftigt hat und dass für die breite Öffentlichkeit die Medien oftmals die wichtigste Informationsquelle sei. Gleichwohl sollten Journalisten sich nicht angesichts konkurrierender Meinungsmacher in eine redaktionelle Komfortzone zurückziehen, sondern Vielfalt produzieren, unterschiedliche Lebensrealitäten darstellen, den Alltag von Menschen reflektieren, aber auch neue Wege beschreiten, um gerade junge Menschen als Zielgruppen zu erschließen. Idealerweise ergänzen Influencer, die redaktionellen Qualitätsmerkmalen (wie Unabhängigkeit, Recherche, Kritik und Relevanz) entsprechen, das journalistische Angebot.

https://pr-journal.de/nachrichten/medien/22441-journalismus-vs-influencer-welche-gruppe-der-meinungsfuehrer-ist-staerker.html