Eine Anleitung zum Unglücklich sein
Eine Geschichte, die mir einst eine Führungskraft in einem Rücksprachetermin anekdotenhaft erzählte, beschäftigt mich hin und wieder.
Ich finde diese Geschichte irgendwie faszinierend. Die Geschichte stammt vom Sprachwissenschaftler Paul Watzlawick, der mir durch das Studium sehr bekannt ist. Sie heißt „Die Geschichte vom Hammer“ und wurde in Watzlawicks Buch Anleitung zum Unglücklich sein vom Jahr 1983 gedruckt.
Auch wenn diese Geschichte schon über 30 Jahre alt ist – sie stimmt trotzdem noch!
Die Geschichte vom Hammer
aus eine „Anleitung zum Unglücklichsein“
Ein Mann möchte ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er zwar, jedoch fehlt ihm der Hammer. Er weiß, dass der Nachbar einen hat. Der Mann beschließt also, zum Nachbar zu gehen und seinen Hammer auszuborgen. Doch plötzlich kommt ihm ein Zweifel: Was ist, wenn der Nachbar mir den Hammer gar nicht leihen möchte?! Letztens grüßte er nur ganz flüchtig. Vielleicht, weil er in Eile war. Vielleicht hat er aber auch nur die Eile vorgetäuscht und hat was gegen mich?! Aber was nur?! Ich habe ihm nichts Böses angetan; der muss sich da etwas einbilden. Wenn mich jemand fragt, ob er sich mein Werkzeug ausleihen kann, würde ich es ihm sofort geben! Aber warum er nicht?! Wie kann man einem Menschen einen so einfachen Gefallen abschlagen?! Leute wie dieser vergiften einem das Leben! Und dann bildet er sich auch noch ein, dass ich auf ihn angewiesen bin. Bloß wegen seines Hammers! Jetzt reicht’s mir aber wirklich!
Der Mann stürmt also Hals über Kopf los zu der Tür von seinem Nachbar und klingelt. Noch bevor der Nachbar grüßen kann, schreit ihn der Mann an: „Behalten Sie ihren Hammer, Sie Rüpel!“.
Als der Mann, enttäuscht und verzweifelt, wieder in seiner Wohnung ist – Bild und Nagel noch auf dem Tisch liegend – beschließt er ganz fest, dass er nie wieder jemanden anspricht.
(Autor: Paul Watzlawick, aus eine „Anleitung zum Unglücklichsein“, gelesen auf psychologie.tu-dresden.de)
Vielleicht kommt dem einen oder anderen diese Situation oder auch nur Teile davon bekannt vor. Zum Beispiel, wenn eine neue berufliche Herausforderung ansteht und man sich deswegen viel zu viele Gedanken macht, die auch von Negativismus und Zweifel geprägt sind. Oder wenn sich vor bestimmten Gesprächsterminen etliche Szenarien im Kopf abspielen, weil man eventuell schon von Anfang an mit einer negativen Grundeinstellung oder auch mit Bauchschmerzen in den Termin geht, da ein Konflikt entstehen könnte.
Laut Watzlawick befindet sich der Mann aus der Geschichte, wenn er so weiter macht, im Stadium der Selbsthypnose. Er verstrickt sich, ohne es zu merken, immer tiefer in seine Problemsicht. Hiervon sind alle Ebenen betroffen: das Denken, das Fühlen, das Handeln und die körperlichen Empfindungen und Prozesse. In dieser Situation wirkt der Mensch kraftlos und schlaff, seine Haltung anderen gegenüber ist geschlossen und in sich gekehrt. Seine Gedanken, die mit immer derselben traurigen Melodie und denselben trostlosen Bildern hinterlegt sind, hört er immer lauter. Letztendlich ist er wahnsinnig unglücklich!
Dieser Blog-Eintrag soll nun aber keinesfalls eine wirkliche Anleitung zum Unglücklich sein darstellen. Vielmehr ein Wachrütteln, dass wir es uns im Alltag vielleicht an der einen oder anderen Stelle selbst viel zu schwer machen.
Der LebeBlog befasst sich mitunter auch mit dieser Thematik, die wie ich finde, wahnsinnig spannend ist. Unglücklich ist jeder mal – wenn dies aber zum Dauerzustand wird, sind schwerwiegende Konsequenzen nicht weit weg. Um genau das zu verhindern, hat der Blogger Elias Fischer eine Liste mit den wichtigsten Gedanken und Verhaltensweisen erstellt, mit denen man sich selbst unnötig unglücklich macht. Auf dem ersten Blick ist dies also wirklich eine Anleitung zum Unglücklich sein.
Aber! Es wird auch von ihm geschrieben, dass der erste Schritt, sein Leben wieder mit etwas mehr Glück und Zufriedenheit zu gestalten, der ist, dass wir die Gründe zum Unglücklich sein kennen.
Bildquelle: © Fischer, E. / Lebeblog.de
Denn meist sind wir einfach nur unglücklich, weil wir erstens vergessen haben, die kleinen Dinge zu schätzen und zweitens uns zudem entfallen ist, dass wir tief im Innern doch glücklich sind.
Textquellen: Davos Psychotherapeutische Praxis/TU-Dresden, abgerufen am 11.06.2016;
LebeBlog, Fischer, E.: 2012, abgerufen am 11.06.2016
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