Vor einiger Zeit telefonierte ich mit einem guten Kunden, um mit ihm über seine geplanten Printanzeigen bei unserem Verlag zu sprechen. Nachdem ich ausführlich über die geplanten Wochenendpläne seiner Familie, den Hühneraugen seiner Frau und seines nicht mehr ganz so schlimmen Sodbrennens informiert war, platzte es voller Stolz aus ihm heraus: ich habe jetzt eine Werbeagentur! Die betreuen große Kunden, kennen sich in der Szene bestens aus, sind kreativ und: kosten gar nicht viel. Oha! Der letzte Teil seines Satzes wurde auch noch rhetorisch geschickt mit einem betonten „und“ eingeleitet.
Ich freute mich höflich für ihn, denn jetzt hat er ja dieses Thema endlich ausgelagert und kann sich „wichtigeren“ Dingen seines Unternehmens widmen. „Toll, dann hast Du ja jetzt endlich einen Jahresplan für Deine Werbeaktivitäten!“ Kurzes Nachdenken auf der anderen Seite. Ob die auch so was machen weiß er jetzt nicht so genau. Oh je. Ich ließ mir die Kontaktdaten schicken und setzte mich mit der Agentur in Verbindung.
Dort die Ehefrau des Agenturinhabers hustend am Telefon. Was hier gemeinsamer Kunde heißt? Wieso gemeinsam? Ich erklärte kurz, dass „mein“ Kunde ja auch gleichzeitig „ihr“ Kunde sein kann und dies auch der Grund meines Anrufes sei um einige grundlegende Dinge der zukünftigen Zusammenarbeit zu klären. Sie rief Ihren Mann und mir laut ins Ohr.
Der Werbefachmann erklärte mir sehr umfangreich, dass er jetzt alles für unseren Kunden macht. Einfach alles. Denn er kann das gut und hat viele große Kunden schon gehabt. Das „gehabt“ klang auch noch stolz.
Meine Frage nach einem Jahresplan wurde belächelt, denn das braucht man nicht wirklich. Man muss ja flexibel sein. Corporate Identity? (Ich wollte es voll auskosten) – höchstens zweimal im Jahr. In welchem Dateiformat er die Druckvorlagen liefert – natürlich per Mail. Wie viel „dpi“ die Vorlage haben muss ist ihm egal, denn sein Bildschirm hat eine tolle Auflösung.
Und mein Kunde endlich eine Werbeagentur.
Ich wünsche ein schönes Wochenende!
Autor: Stefan Werling
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