Das Inkrafttreten des Medienstaatsvertrags im November 2020 bringt eine Reihe neuer Aufgaben für die Medienanstalten mit sich. Der Vertrag ersetzt den alten Rundfunkstaatsvertrag und erweitert ihn unter anderem um Regulierungen für Online-Medien, da diese besonders im Hinblick auf die Verbreitung von Desinformationen von großer Bedeutung sind. Um den neuen Aufgaben nachkommen zu können, formulierten die Medienanstalten Themenschwerpunkte für das Jahr 2021. Medienkompetenz, Regulierung und Desinformation – was hat sich verändert und welche Möglichkeiten ergeben sich daraus?
Neue Möglichkeiten zur Regulierung der Online-Medien
Besondere Aufmerksamkeit im Fahrplan der Medienanstalten soll dem Thema Regulierung zukommen. Konkret geht es dabei zum einen um die Medienintermediäre, die die Verwendung von Algorithmen gegenüber ihren Usern transparent gestalten sollen. Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) ist durch den Medienstaatsvertrag erstmals in der Lage, Online-Medien in dieser Sache zu überwachen. Zum anderen übernimmt die ZAK die Überprüfung jener Telemedien, die bisher keiner Form von Kontrolle unterlagen. Damit soll gewährleistet werden, dass sich auch unregulierte „geschäftsmäßig angebotene, journalistisch-redaktionell gestaltete Telemedien an anerkannte journalistische Spielregeln halten.“1
Die Neuerungen sind besonders im Kontext der Verbreitung von Fake News und Hassrede in Online-Medien von großer Bedeutung.
Desinformation und Verantwortung – Aktuelle Entwicklungen
Die Corona-Pandemie und die US-Wahlen zeigten, wie schnell sich Desinformationen verbreiten. Auch hier planen die Medienanstalten, sich aktiv in die Debatte um den Schutz einer demokratischen Meinungsbildung einzubringen. Deshalb wollen sie bei der Frage nach der Verantwortung von Online-Plattformen auch auf europäischer Ebene unterstützen. Denn auch die Europäische Kommission lieferte bereits im vergangenen Jahr Vorschläge zur Aktualisierung der momentanen Gesetzeslage. Der „Digital Services Act“ soll auf EU-Ebene für klarere Verhältnisse und Verantworlichkeiten für illegale Inhalte sowie Fake News und Hassrede sorgen.
Geht der Vorschlag der Europäischen Kommission durch, gelten für Online-Plattformen wie Facebook, Google und Co. europaweit bestimmte Sorgfaltspflichten. Bei Missachtung dieser Pflichten könnten sich die Medienanstalten in Deutschland einschalten und unter Umständen die Löschung bestimmter Inhalte fordern.
Der erste Beauftragte für Medienkompetenz
Neben der Regulierung der Online-Medien und der Eindämmung von Desinformationen, zählt auch die Förderung von Medienkompetenzen zu den Themenschwerpunkten der Medienanstalten. Aus diesem Grund wurde die Stelle des „Beauftragten für Medienkompetenz“ ins Leben gerufen, die durch Jochen Fasco besetzt wurde. Der Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt beschreibt in einem Interview, wie eng Medienkompetenzen mit der Fähigkeit zur Einordnung von Nachrichten verbunden sind. Übergeordnet soll es für Fasco darum gehen, die Vernetzung zu fördern, als Vorreiter in punkto Medienbildung voran zu gehen und dabei andere Instanzen davon zu überzeugen, sich aktiver für Aufklärung im Bereich Medien einzusetzen. Wichtig sei dabei vor allem nicht nur die jungen, sondern auch die älteren Menschen anzusprechen, was bereits durch eine Reihe von Projekten umgesetzt wird.
Mit Medienkompetenz und Regulierungen gegen Desinformationen im Netz.
Besagte Projekte sind nicht selten Gemeinschaftsprojekte mit externen Partner*innen, die z.B. durch Programme an Schulen und in Generationenhäusern die Medienkompetenz schrittweise aufbauen. Ein bereits etabliertes Projekte ist die Plattform JUUUPORT, die kostenlose Hilfestellung für junge Leute bei Problemen wie Cybermobbing oder Datenklau leistet. Auch die EU-Initiative klicksafe, die bereits seit 2004 besteht, ist im Bereich Medienkompetenz aktiv. Beide Projekte werden von verschiedenen Landesmedienanstalten unterstützt.
Zudem machen mehrere Medienanstalten aktuell vom neuen Aufsichtsrecht gegenüber unregulierter Online-Medien gebrauch und verfassten Anfang des Monats 13 sogenannte Hinweisschreiben. Diese Schreiben richteten sich an jene redaktionellen Online-Medien, die unter Verdacht stehen gegen journalistische Grundsätze verstoßen zu haben, darunter auch Ken Jebsen und der AFD-nahe „Deutschland-Kurier“.
Die Themenschwerpunkte Medienkompetenz, Regulierung und Desinformation der Medienanstalten stellen einen Leitfaden für die Umsetzung neuer Aufgaben aus dem Medienstaatsvertrag dar. Die neue Rechtsgrundlage und die aktuellen Bemühungen der Landesmedienanstalten können als große Chance gegen Hassrede, Desinformation und fehlende Medienkompetenz betrachtet werden. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedsstaaten über den „Digital Services Act“ abstimmen werden. Erst dann kann die Tragweite dieser neuen Regelungen bewertet werden.
1 Die Medienanstalten
Quelle Beitragsbild: Lara Hofmann, erstellt über Canva
Weitere Quellen: Deutschlandfunk, Netzpolitik.org, Die Medienanstalten, Die Bundesregierung
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