Digital versus Analog, Moderne versus Tradition – das Thema Digitalisierung ist brandaktuell und wird immer wieder zum Punkt großer Diskussionen. Eine Veranstaltung hat es jetzt geschafft beide Seiten miteinander zu verbinden, denn „Tradition und Moderne […] ergänzen sich oft hervorragend.“
Der CHIO (sprich: C-H-I-O, umgangssprachlich auch „Tschio“) in Aachen ist ein internationales Pferdesport-Turnier („Weltfest des Pferdesports“) und das Einzige in dieser Größenordnung in Deutschland. Dieses Jahr findet es vom 08. bis zum 17. Juli statt. Jedes Jahr reisen bis zu 350.000 Besucher an, um sich in den Disziplinen Springen, Dressur, Vielseitigkeit, Fahren und Voltigieren Pferd und Reiter anzuschauen. Gerade solche Großveranstaltungen verbinden Menschen, die aus Tradition seit ihrer Schulzeit in die Soers reisen und neue, oftmals junge Besucher. Dieses Jahr ist Schweden das Partnerland, auch die Königsfamilie ist angereist.
Auch das CHIO hat einen eigenen Social Media Auftritt
Die Benutzung von Social Media Kanälen gehört mittlerweile für jedes große Unternehmen zum Alltag, so hat auch das CHIO eine eigene App, eine Facebookseite, einen Instagramkanal sowie einen Youtube- und Twitterkanal, der dem Turnier ein „digitales Gesicht“ gibt.
© CHIO App Startbildschirm (Screenshot)
Verantwortlich dafür ist Melanie Pyschny: „[…] ohne digitale Medien ist man heutzutage bei vielen Zielgruppen einfach nicht präsent“ bemerkt sie. „Gerade junge Menschen, aber auch bestimmte Berufsgruppen wie Journalisten nutzen Social Media zunehmend als Informationsquelle.“
Dabei liegen die Interessen aber nicht immer auf topaktuellen Themen, auch die Geschichte kommt bei Facebook gut weg. „Ein altes Schwarz-Weiß-Foto, auf dem Hans Günter Winkler* im Hauptsstadion abgebildet ist, bekommt oft genau so viele „Likes“ wie ein Foto eines aktuellen Reiters“ ergänzt Dr. Doris Beaujean, die unter anderem für die Aufarbeitung der Geschichte des CHIO verantwortlich ist.
„Historie scheint demnach in besonderer Weise Emotionen zu wecken – auch in der digitalen Welt“
Der Schwerpunkt bei der Verbindung von digitalem und analogem Material liegt darin, auch der jüngeren Zielgruppe die Geschichte und Hintergründe begreifbar und interessant zu übermitteln. Dabei darf der Gedanke einer modernen Großveranstaltung aber nicht vergessen werden, denn die Smartphones sind als ständiger Begleiter ein wichtiger Punkt, auch für das CHIO. Es wurden mehrere Apps entwickelt, die durch die Veranstaltung führen und sie parallel begleiten.
© CHIO App Lageplan (Screenshot)
So kann der Besucher nicht nur das Gelände erkunden und an den einzelnen Punkten Infos zu den Stadien erhalten, sondern auch in die Rolle eines Turnierrichters schlüpfen und die Dressur- und Voltigierperformances selbst bewerten.
© CHIO App Zuschauer-Richter (Screenshot)
Außerdem kann vor dem Turnier per App festgelegt werden, wen man selbst als Sieger der jeweiligen Veranstaltung sieht – der Stadionsprecher gibt das Ergebnis dieser Abstimmung vor den Ritten durch. Das macht das Ganze noch „erlebbarer“ und auch spannender für die Zuschauer, genauso wie für die Reiter.
© CHIO App Tippspiel (Screenshot)
Gerade während des CHIO ist der Andrang auf digitaler Seite groß
Schwierig ist es bei so einer Großveranstaltung mit einer solchen Besucherzahl die Apps und Nachrichten auf den sozialen Kanälen aktuell zu halten. Das bestätigt auch Pyschny, als sie über ihre Aufgaben beim Turnieralltag berichtet: „Mein Hauptaugenmerk liegt darauf, in den sozialen Medien, auf der Website, im Intranet, in den Apps, im Newsletter und in den Ergebnislisten die Besucher und Fans mit aktuellen oder Echtzeit-Informationen zu versorgen. […] Und gerade während der Prüfungen sind viele Menschen online und kommentieren fleissig.“ Gerade die verschiedenen Online-Anwendungen machen den Sport für den Zuschauer noch transparenter und bietet viele Möglichkeiten der Interaktion, die aber auch koordiniert und von Social-Media-Verantwortlichen betreut werden müssen.
Doch nicht nur die digitale Welt verarbeitet Geschichte anschaulich, auch andersherum besteht das Interesse: „Ich lerne sehr gerne dazu. Vor allem die Digitalisierung des Archivs […] ist ein Mammutunternehmen. Mit jedem eingescannten Foto kommt Neues zutage über den CHIO Aachen“ bemerkt Beaujean.
Der CHIO Aachen und das Team schaffen es so, nicht nur die digitalen Anwendungen und Online-Auftritte mit geschichtlichen Werten zu bereichern und seine Zielgruppen zu erweitern, sondern dabei auch jung und alt menschlich mit einander zu verbinden. Vielleicht ist es dieser Geist, der dem Turnier seit 1924 inne wohnt, auch der Grund, wieso es zu den Beliebtesten in Deutschland gehört.
*einer der bekanntesten deutschen Springreiter aus den 50er/60er Jahren
Textquelle: © Aachener Nachrichten, Cremer-Kruff, C., Bericht vom 09.07.2016, „Turnier vom Besenstiel bis zur topmodernen App“ (S.19)