Während MNU´s (MNU=Multinationales Unternehmen) den Onlinehandel schon vor geraumer Zeit als wichtig erachtet haben, gewinnt das Thema Onlinehandel auch im Mittelstand zunehmend an Bedeutung. So wundert es nicht, dass der Umsatz im interaktiven Handel (Online- und Versandhandel) im Jahr 2015 rund 11,7 % am gesamten Einzelhandelsumsatz in Deutschland ausmachte (vgl. bevh). Zusätzlich wird prognostiziert, dass der weltweite Umsatz im E-Commerce für den Einzelhandel bis 2020 von 1.548 Mrd. US-Dollar (2015) auf schätzungsweise 4.058 Mrd. US-Dollar (2020) steigen wird (eMarketer).
Es handelt sich folglich um ein bereits jetzt relevantes Thema, das in den kommenden Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Besonders wenn man sich die Pläne der Regierung bezüglich der Digitalisierung der deutschen Wirtschaft mit den oft verwendeten Schlagworten wie Industrie 4.0, Big Data und weiteren Begriffen vor Augen hält.
Vor diesem Hintergrund sind uns auf der diesjährigen Messe für die digitale Wirtschaft dmexco ein Stand mit mehreren Robotern aufgefallen, die sich wie von Geisterhand durch einen exemplarisch aufgebauten Lagerraum bewegen. Doch wie nennt man diese Art Roboter und welchen Nutzen bringen sie einem Unternehmen, das im Onlinehandel tätig ist? Antworten auf unsere Fragen konnte uns Frau Katharina Klein, Teamleitung des Produktmanagements und Marketings der Firma 4SELLERS, liefern.
Frau Klein, Ihr Produkt trägt den Namen 4SELLERS | CarryPick. Hat dieser Name eine bestimmte Bedeutung?
Klein: Der Produktname 4SELLERS | CarryPick entstand durch die Kooperation mit unserem Partner Swisslog und steht für ein intelligentes und innovatives Ware-zu-Person System, welches das Beste aus zwei Welten vereint: ERP und Automatisierung durch Roboter. Das Produkt, dessen Herzstück sogenannte AGV´s (engl. Automated Guided Vehicles) namens Carrys sind, wurde für den Onlinehandel perfektioniert und sorgt für eine Effizienzsteigerung in der Lagerlogistik.
Was genau ist unter Carrys zu verstehen?
Klein: Carrys sind fahrerlose Transportroboter, die mobile, mit Ware bestückte Regale zu den Mitarbeitern an Arbeitsstationen bringen, wo die Artikel anschließend gepickt und kommissioniert werden. Unser Produkt besteht aus drei Komponenten: den Transportrobotern Carrys, den oben erwähnten mobilen Regalen und den multifunktionalen Arbeitsstationen. Durch die permanente Kombination dieser drei Komponenten wird das System zur Höchstleistung gebracht.
Das klingt äußerst kompliziert. Wie gewährleisten Sie, dass die Carrys mit den mobilen Regalen sich nicht gegenseitig behindern?
Klein: Das Geheimnis ist die durchdachte Vernetzung, welche für einen reibungslosen Workflow sorgt. Nachdem die aktuell zu liefernden Versandaufträge eine mehrstufige Analyse in unserem ERP-System durchlaufen haben, werden optimierte Picklisten erstellt und an das Steuerungssystem der Carrys übermittelt. Anschließend wird anhand der aktuellen Position der Carrys ein Routenplan für die aktuellen Pickaufträge errechnet, welcher die Roboter zu den mobilen Regalen navigiert. Dadurch, dass das ERP und das Steuerungssystem tief miteinander vernetzt sind, werden die ideal passenden Regale dem jeweiligen Kommissionierer angedient. Somit können Aufträge hochproduktiv und parallel abgewickelt und gleichzeitig sichergestellt werden, dass die Roboter sich nicht gegenseitig behindern.
Wie sieht ein typischer Kommissionierauftrag für den Picker aus und welchen Nutzen hätte ein Onlinehändler von Ihrem System?
Klein: Nachdem das System die Picklisten erstellt und den optimalen Routenplan ausgerechnet hat, fahren die Roboter zu den entsprechenden mobilen Regalen. Sie docken die Regale von unten an, transportieren sie und treffen mit den bestellten Artikeln an der entsprechenden Arbeitsstation ein. Der Lagermitarbeiter kann dann mehrere Aufträge parallel kommissionieren. Der konkrete Nutzen für unsere Kunden liegt dann darin, dass mehrere Prozesse in der Lagerlogistik optimiert werden: die Lieferfähigkeit, die Lagerflächennutzung, die Wirtschaftlichkeit und somit die gesamte Performance des Onlinehandelsunternehmens als solches.
Inwiefern ist dadurch eine Fehlerreduktion möglich?
Klein: Unsere Arbeitsstationen sind multifunktional. Das heißt, es werden Assistenzsysteme wie Pick-by-Light und Put-to-Light eingesetzt. Zusätzlich wird der Lagermitarbeiter mit Hilfe von klaren Anweisungen am Bildschirm durch den kompletten Prozess geführt. Somit kann die Produktivität und Kommissioniereffizienz in einer für den Mitarbeiter ergonomischen Umgebung maximiert werden.
Ist das Produkt auch etwas für den Mittelstand?
Klein: Absolut. Denn durch die maximale Lagerflächennutzung, die durchdachte Anpassbarkeit an diverse E-Commerce-Szenarien und die perfekte Kombination aus den E-Commerce- und Lagerlogistik-Kompetenzen, können auch mittelständische Unternehmen vom Zugang zu Industrie 4.0-Technologien im eigenen Lager profitieren.
Vielen Dank für Ihre Zeit und die ausführlichen Informationen. Wir wünschen Ihnen noch viel Spaß auf der Messe und einen schönen Tag.
Klein: Ich danke Ihnen für das Interesse und das angenehme Interview.
© 4SELLERS. Imagefilm 4SELLERS | CarryPick – Revolutionäre Lagerlogistik-Technologie für den Onlinehandel
Quellen:
Interviewpartnerin: Frau Katharina Klein, Teamleitung des Produktmanagements und Marketings der Firma 4SELLERS
statista.com; Anteil des Umsatzes im interaktiven Handel am gesamten Einzelhandelsumsatz in Deutschland in den Jahren 2009 bis 2015; Zugriff am 19.09.2016
statista.com; E-Commerce-Umsatz im Einzelhandel weltweit in den Jahren 2012 bis 2015 sowie eine Prognose bis 2020 (in Milliarden US-Dollar); Zugriff am 19.09.2016
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