Beispiele für psychologische Marketing-Effekte

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Egal ob im klassischen- oder im Online-Marketing – die Konsumentenpsychologie übernimmt in vielen Alltagssituationen von Konsumentinnen und Konsumenten eine essentielle Rolle. Und zwar überall dort wo sie mit Werbebotschaften von Marken in Berührung kommen. Konkret bedeutet das: Bei jeder bewussten Kaufentscheidung greifen unterschiedliche psychologische Marketing-Effekte, Werbewirkungsmechanismen wie Anreize, Wahrnehmungsverarbeitung und/oder personenbezogene Überzeugungen. Gemäß Sahakian/Labuzetta setzen erwachsene Verbraucherinnen und Verbraucher schätzungsweise tagtäglich ungefähr fünfunddreißigtausend Entscheidungen bewusst oder unbewusst um.1 (Sahakian/Labuzetta (2013))

Unternehmen steuern das Konsumverhalten von Menschen vor allem dann effektiv, wenn Sie verstehen, was die fokussierten Zielgruppen tatsächlich anspricht. Bevor sich Unternehmen jedoch aktiv und tiefgehend mit Marketingstrategien befassen was Kaufentscheidungen von Konsumentinnen und Konsumenten beeinflusst – sollten sie sich zunächst mit einigen grundlegenden psychologischen Marketingansätzen vertraut machen. Dafür sollten sie für sich Fragen klären, wie Konsumentinnen und Konsumenten beispielsweise denken, was diese für spezifische Kaufhandlungen benötigen oder was deren Neugierde zu neuen Kaufhandlungen antreibt. Sofern derartige Überlegungen vorgenommen und beantwortet werden konnten können diesbezügliche Erkenntnisse auch in eine neue Marketingmaßnahme integriert werden. Im nachfolgenden werden einige exemplarische grundlegende psychologische Effekte für das Marketing vorgestellt.

Grundlegende psychologische Effekte für werbebezogene Maßnahmen im Marketing

1. Das Gesetz der Reziprozität

Das Konzept der „Wechselseitigkeit“ beruht auf dem Prinzip des „Gebens und Nehmens“. Erklärt werden kann dieser Ansatz damit, dass wenn beispielsweise eine Person einer anderen Person einen Gefallen tut, die Person, die von dem Gefallen profitiert – in der Regel das Bedürfnis verspürt sich für diesen Gefallen bei der entsprechenden Person revanchieren zu wollen.2 (Chornaya (2025))

Gemäß Cialdini kann dieser Ansatz auch in metaphorischer Art und Weise dargestellt respektive erläutert werden. Zum Beispiel anhand der Beschreibung einer Restaurantsituation. Nicht selten bringen dort Kellnerinnen oder Kellner die Rechnung zusammen mit einem kleinen Präsent wie zum Beispiel mit einem kleinen Bonbon. Dies geschieht meist aus der Intention heraus, dass der Gast das entsprechende Restaurant in positiver Weise in Erinnerung behalten und wiederkommen soll – das Prinzip der Reziprozität wird hier bereits aktiv angewendet.

Cialdini erläutert anhand dieser häufig praktizierten und weit verbreiteten Situation drei mögliche Szenarien hinsichtlich der Auswirkungen auf das Prinzip der Reziprozität. Erstens: Würde eine Servicekraft auf diese kleine Aufmerksamkeit verzichten, würde das Trinkgeld stattdessen ausschließlich auf der Qualität des Services basieren. Zweitens: Würde sie dem Gast hingegen ein Bonbon reichen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Gast das Trinkgeld erhöht um 3,3 Prozent. Und Drittens: Mit mehreren Bonbons würde die Wahrscheinlichkeit sogar um gut ein Fünftel Prozent ansteigen.3 (Cialdini (2009) S. 174 – 175)

Diese Taktik findet sich auch in alltäglichen Interaktionen wieder. Beispielsweise wenn eine Person ein Kompliment für Ihr Aussehen bekommt und sich dabei ertappt, reflexartig ein nettes Wort über das Aussehen des Ihr Gegenübers auszusprechen. Gleiches gilt in der Regel auch wenn man ein Präsent von einem nahe stehenden Menschen erhält – der Drang dieser Person in naher Zukunft ebenfalls eines zu überreichen ist entsprechend hoch. Auch in Marketingstrategien lässt sich das Prinzip der Reziprozität clever einsetzen – und das sogar ohne großes Budget – indem Unternehmen einen kostenfreien Mehrwert ihren Kundinnen und Kunden anbieten. Dies kann geschehen in Form von kostenfreien Online-Webinaren, informativen Blogartikeln oder Give-Aways. Immer dann wenn bei Konsumentinnen und Konsumenten ein unterschwelliges Gefühl der Dankbarkeit und/oder Verpflichtung entsteht –  steigert sich die Wahrscheinlichkeit, dass diese auf ein individuelles Unternehmensangebot eingehen.4 (Chornaya (2025))

2. Der „Social-Proof“

Gemäß Schülke versteht man unter einem „Social-Proof“ das: „[…] Betrachten der Handlungen von anderen Personen, um zu entscheiden, welches die korrekte Entscheidung ist […]“.5 (Schülke (2017), S. 91) Und Ahrholdt/Greve/Hopf ergänzen in diesem Zusammenhang, dass vor allem im Onlinebereich die Social-Proof-Theorie bedeutet, dass: „[…] Menschen häufig der Meinung anderer Menschen folgen. Bestsellerlisten und Hitparaden zeigen die kommerzielle Kraft dieses Ansatzes, oder in den sozialen Medien […].6 (Ahrholdt/Greve/Hopf (2019), S. 126) Entsprechend kann konstatiert werden, dass unter einem Social-Proof vor allem eine Beeinflussung von Menschen stattfindet, die sich noch in einem nicht abgeschlossenen Entscheidungsprozess befinden.

Das Konzept des Social Proof zeigt sich in unterschiedlichen Varianten. Bei Entscheidungen kann daher sowohl die Meinung einer breiten Masse als Orientierung dienen als auch die Einschätzung einer einzelnen vertrauenswürdigen Person. Auch im Marketing – insbesondere im digitalen Bereich – ist das Prinzip weit verbreitet. Genau wie bei Social-Media-Kanälen die Anzahl an Likes, Abonnenten oder Kommentaren die Wahrnehmung beeinflusst, wirkt sich ein Social Proof auch auf den Erfolg von promoteten Produkten aus. Potenzielle Kunden orientieren sich beispielsweise an Produktbewertungen wie zum Beispiel auf Amazon oder lassen sich durch Influencer-Marketing von einer Marke überzeugen.

Doch es gibt noch weitere Strategien, um den Social Proof gezielt einzusetzen: Die deutliche Darstellung von Weiterleitungen, Follower-Zahlen, Abonnenten oder positiven Testergebnissen – beispielsweise von Stiftung Warentest – kann potenzielle Käuferinnen und/oder Käufer unbewusst beeinflussen. Auch im Bereich der Suchmaschinenoptimierung (SEO) spielt ein Social Proof eine wichtige Rolle. Websites mit zahlreichen positiven Bewertungen, die in den Suchergebnissen weit oben erscheinen, haben oft eine höhere Klickwahrscheinlichkeit, da Nutzer ihnen mehr Vertrauen entgegenbringen.

Ein Social Proof nimmt daher eine fundamentale Säule im modernen Digital-Marketing ein. Es nutzt das weit verbreitete Bedürfnis nach sozialer Anpassung, insbesondere in Entscheidungssituationen mit Unsicherheiten. Während Konsumentinnen und Konsumenten durch ein Bewusstsein für dieses Phänomen ihr eigenes Verhalten reflektieren können, eröffnet es Marketeers effektive Möglichkeiten, gezielte Werbestrategien für eine breite Zielgruppe zu entwickeln.7(OnlineMarketing.de GmbH (2025))

3. Verknappheits-/ Scarcity-Effekt

Bei dem sogenannten Verknappheits- respektive Scarcity-Effekt wertschätzen Konsumentinnen und Konsumenten eine Verknappung von Erzeugnissen mehr als diejenigen, welche in unbegrenzter Anzahl zur Auswahl stehen. Dieser Umstand hängt gemäß Rittinghaus vor allem damit zusammen, dass: „[…] der Besitz von knappen Gütern dem von Individuen angestrebten Ziel der persönlichen Einzigartigkeit beiträgt […].“8 (Rittinghaus (2013), S. 27) Und weiter führt Rittinghaus aus, dass eine alternative Erklärung für derartige Werbewirkungen sein können, dass Menschen bei einer generellen Knappheit von Gütern zwangsläufig mit einer erhöhten Preisgestaltung in Verbindung setzen. Zudem würden höhere Kosten für Güter mit einer gewissen Verführungskraft in Zusammenhang stehen, da teure Erzeugnisse häufig als Prestigesymbole gelten und derartige Preisgestaltungen insofern als Hinweisgeber für eine außerordentliche Produktqualität angesehen werden.

Diesen Ausführungen zufolge kann hinsichtlich derartig marketingbezogenen Umsetzungsgestaltungen angenommen werden, dass aufgrund einer künstlich herbeigefügten Verknappung von Gütern, diese in den Augen von Konsumentinnen und Konsumenten als in besonderer Weise erstrebenswert angesehen werden.9 (Rittinghaus (2013), S. 27)

4. Einfluss von Duft, Beleuchtung und Klängen

Gerüche, Lichtarrangements und akustische Reize können eine spürbare Wirkung auf Kaufentscheidungen von Konsumentinnen und Konsumenten beispielsweise am Point-of-Sale respektive dem Verkaufsort ausüben. Gerade im Einzelhandel kann Duftmarketing das Kaufverhalten lenken, indem es die Verweildauer innerhalb von Geschäftsläden hinauszögert und die Kaufwahrscheinlich und Kaufbereitschaft entsprechend steigert. So führte in einer Untersuchung der Universität Magdeburg ein Melonenduft in Supermärkten dazu, dass Kundinnen und Kunden zu 30 Prozent länger verweilten und zu 23 Prozent mehr einkauften. Je nach Umgebung wirken verschiedene Aromen allerdings unterschiedlich. Darüber hinaus können Düfte gezielt Erinnerungen und positive emotionale Verknüpfungen bei Konsumentinnen und Konsumenten hervorrufen, die den Konsum entsprechend anregen verhelfen sollen. Ähnlich verhält es sich auch hinsichtlich musikalischer Klänge und Untermalungen während eines Einkaufs wie beispielsweise einem Ladengeschäft.

Ein weiteres Phänomen betrifft die Beleuchtung. Es ist beispielsweise nicht einfach einen Supermarkt mit großen Fenstern innerhalb des Verkaufsbereich zu finden. Dies hat auch einen speziellen Grund, denn wechselnde Lichtverhältnisse nehmen entsprechend unterschiedlich Einfluss auf die jeweilige Produktwahrnehmung von Konsumentinnen und Konsumenten. Variierende Lichtquellen könnten es erschweren, Markenlogos und Farben korrekt zu erkennen, was den Wiedererkennungswert von Produkten mindert.10 (Chornaya (2025))

5. Der Barnum-Effekt

Der Barnum-Effekt deskribiert ein Phänomen, dass Menschen allgemeine Aussagen über ihre Persönlichkeit oder Lebenssituation als individuell passend empfinden – obwohl diese Aussagen auch auf eine Vielzahl von Personen zutreffen können.11 (Reinwarth (2020), S. 176 – 177)

Als ein exemplarisches Beispiel diesbezüglich können Horoskope oder vage personenbezogene Deskriptionen wie zum Beispiel „Sie sind schlau, hinterfragen sich jedoch manchmal selbst“ angeführt werden. Derartige Formulierungen erscheinen persönlich, sind jedoch in der Art und Weise gestaltet, dass diese auf nahezu jeden anwendbar sind.

Im Marketing wird dieser Effekt insofern gezielt eingesetzt, dass Konsumentinnen und Konsumenten ein Gefühl von Individualität und maßgeschneiderter Ansprache transportiert wird. Vor diesem Hintergrund greift personalisierte Werbung dieses Prinzip auf, indem sie Slogans wie „Dieses Erzeugnis ist wie gemacht für Sie“ verwendet. Auch allgemeingültige universelle und positiv formulierte Aussagen wie „Unsere Käuferschichten haben hohe Ansprüche und legen viel Wert auf hohe Qualität“ sorgen dafür, dass sich die fokussierten Konsumentinnen und Konsumenten durch ein Unternehmen in direkter Weise angesprochen fühlen.12 (Chornaya (2025))

Fazit:

Die Berücksichtigung von marketingbezogenen Psychologieansätzen kann ein äußerst wirkungsvolles Werkzeug für Unternehmen darstellen. Diese können dabei behilflich sein, zielgruppenbezogene Streuverluste zu minimieren, Budgets effektvoller einzusetzen und die fokussierten Konsumentinnen und Konsumenten auf präziserer Art und Weise zu analysieren.

Psychologische Mechanismen lassen sich dabei sowohl im Digitalen als auch im Traditionellen Umfeld anwenden. Dies ist lediglich abhängig davon, welche Produkte oder Dienstleistungen ein Unternehmen anbietet und welche Kundschaft erreicht werden soll. Entsprechend können psychologische Ansätze für ein Unternehmensmarketing einen essentiellen Beitrag zum geschäftlichen Erfolg beitragen.

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Textquellen:

1Vgl. Sahakian, B. J./Labuzetta, J. N. (2013), Bad moves – How decision making goes
wrong, and the ethics of smart drugs, 1. Auflage, Oxford.

2, 4, 10, 12 Vgl. Chornaya, J. (2025), Psychologie im Marketing: Definition und Taktiken, https://blog.hubspot.de/marketing/psychologie-im-marketing, abgerufen am 07.03.2025.

3Vgl. Cialdini, R. B. (2009), Influence – The Psychology of Persuasion – for marketers, it is among the most important books written in the last 10 years, 4. Auflage, New York.

5 Schülke, A. (2017), Psychologie im Online-Marketing – Sozialwissenschaftliche Erkenntnisse und ihre Bedeutung für Marketing und Werbung im Web, 1. Auflage, Norderstedt.

6 Ahrholdt, D./Greve, G./Hopf, G. (2019), Online-Marketing-Intelligence – Kennzahlen, Erfolgsfaktoren und Steuerungskonzepte im Online-Marketing, 1. Auflage, Wiesbaden.

7Vgl. OnlineMarketing.de GmbH (2025), Social Proof, https://onlinemarketing.de/lexikon/definition-social-proof, abgerufen am 07.03.2025.

8 Rittinghaus, N. (2013), Pop-Up-Stores als Instrument des Guerilla-Marketings – Eine kausalanalytische Untersuchung der Erfolgsfaktoren, 1. Auflage, Hamburg.

9Vgl. Rittinghaus, N. (2013), Pop-Up-Stores als Instrument des Guerilla-Marketings – Eine kausalanalytische Untersuchung der Erfolgsfaktoren, 1. Auflage, Hamburg.

11Vgl. Reinwarth, A. (2020), Glaub nicht alles, was du denkst – wie du deine Denkfehler entlarvst und endlich feie Entscheidungen triffst, 4. Auflage, München.

Bildquellen:

Beitragsbild: freepik.com / Ein Bild von freepik, abgerufen am 07.03.2025.