Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Musik

Klänge, die aus dem Nichts entstehen, Melodien, die sich wie von Geisterhand komponieren, und Texte, die tief in die Seele blicken – KI hält Einzug in die Welt der Musik und wirft die Frage auf: Ist dies der Beginn einer neuen Ära der Kreativität oder der Untergang der menschlichen Musikkultur?

KI komponiert

Algorithmen, die mit riesigen Datenmengen aus Musikstücken gefüttert werden, komponieren selbstständig neue Werke. Ob Klassik, Jazz oder Pop – der KI-Komponist kennt keine Grenzen und erschafft in Sekundenschnelle Melodien, die verblüffend komplex und gleichzeitig eingängig klingen.

So ließ z.B. das Unternehmen Huawei den letzten Teil von Schuberts Sinfonie h-Moll 759 D von einer KI komponieren. Die Sinfonie wurde vom Künstler nie fertig geschrieben und wird deswegen auch die „Unvollendete“ genannt. Die Uraufführung wurde im Februar 2019 in der Cadogan Hall in London abgehalten.

Die Kritiken fielen sehr unterschiedlich aus. Unter anderem wurde kritisiert, dass das neue Werk der KI nichts mit dem ursprünglichen Werk zu tun habe. Das KI aus Mustern ausbricht ist eher ungewöhnlich, Ist es doch eigentlich die größte Stärke von KI-Systeme Muster zu erkennen und fortzuführen. Wäre das Ausbrechen aus gewohnten Mustern nicht etwas, das eher dem Menschen zuzuordnen wäre. Wurde nicht gerade der eine oder andere Künstler durch den Moment des Unerwarteten ganz groß?

KI schreibt Texte

Mittels Natural Language Processing (NLP) analysiert KI Songtexte und versteht die dahinterliegende emotionale Tonalität. So kann sie selbstständig neue Texte generieren, die perfekt zum Genre und der Stimmung der Musik passen.

Dazu führte ich ein kleines Experiment durch. Bei dem ich folgenden Prompt in Googles Gemini und OpenAI’s ChatGPT eingab: „Schreibe mir einen passenden Liedtext auf die Melodie von dem Volkslied „Alle meine Entchen“. Der Text soll traurig sein und weiterhin von Enten handeln.“

Gemini gab daraufhin folgenden Text aus:
(Verse 1)
Alle meine Entchen, schwimmen auf dem Teich,
Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in den Teich.
Doch ein Entchen fehlt mir, seit dem frühen Morgen,
Schwimmt es nicht mehr fröhlich, in den kühlen Wogen.

(Chorus)
Wo ist mein kleines Entchen, ach wo ist es nur?
Ist es fortgeflogen, oder tief im Wasser nur?
Suche schon so lange, rufe seinen Namen,
Doch mein kleines Entchen, es kommt nicht wieder.


ChatGPT verfasste den folgenden Text:
Alle meine Entchen, ‚
schwimmen auf dem See.
Doch die eine, die ich liebte,
ist nicht mehr bei mir.

Ihre Federn waren golden,
ihr Schnattern war so zart.
Doch nun ist sie fortgeflogen,
weit weg von meinem Herz.

Analyse

Man muss nicht unbedingt sehr musikalisch sein oder Musik studiert haben, um zu erkennen, dass die Rechnung in diesem Fall nicht ganz aufgeht. Das Versmaß wird nicht eingehalten, Wiederholungen der Liedphrasen nicht berücksichtigt und das Reimschema passt auch nicht auf das Original. Obwohl man das wahrscheinlich durch einen detaillierteren Prompt noch anpassen könnte.

Zumindest muss man anerkennen, dass beide KI’s es ansatzweise schaffen die richtige Tonalität in Worten zu fassen. Auffällig ist, dass beide KI’s die Traurigkeit durch den plötzlichen Verlust des Entchens ausdrücken. Meiner Meinung schafft es ChatGPT durch die Beschreibungen der „goldenen Federn“ und des „zarten Schnatterns“ des Entchens die Traurigkeit noch ein bisschen besser zu untermalen.

Auch wenn die Ergebnisse dieses Experiments keinen Charthit liefern – für Unterhaltung und Inspiration sind sie doch sehr gut zu gebrauchen. So wäre es denkbar, dass Sänger/Songwriter bei der nächsten Schreibblockade, die KI als Brainstorming Partner nutzen und sich auf diesem Wege neue Ideen einholen.

KI produziert

Virtuelle Studios, in denen KI den gesamten Produktionsprozess übernimmt, sind keine Zukunftsvision mehr. Von der Aufnahme bis zum Mixing und Mastering – KI erledigt alles auf Knopfdruck und ermöglicht so eine nie dagewesene Effizienz in der Musikproduktion. So z.B. das KI-Mastering Tool von LANDR das damit beworben wird, das Beste seiner Art zu sein und bei Künstlern wie Lady Gaga, Gwen Stefani, Snoop Dogg, Seal zum Einsatz kommt.

Doch wo bleibt die menschliche Note?

Kritiker bemängeln, dass KI-generierte Musik seelenlos und emotionslos klinge. Der kreative Funke, der menschliche Musiker auszeichnet, sei in den Algorithmen nicht zu finden. Ist dies also der Untergang der Musikkultur? Wohl kaum. KI sollte nicht als Konkurrenz, sondern als Werkzeug gesehen werden. Sie kann Musiker inspirieren, neue kreative Wege zu beschreiten und ihnen helfen, ihre Ideen schneller und effizienter umzusetzen.

Persönliches Fazit

Die Zukunft der Musik liegt in der Symbiose von Mensch und Maschine. Indem wir die Möglichkeiten von KI nutzen und gleichzeitig unsere eigene Kreativität und Musikalität einbringen, können wir neue Klangwelten erschaffen. Durch KI-Tools können auch Musiker, die nicht über die Mittel verfügen teure Tontechniker und Studios zu bezahlen evtl. sogar bessere Resultate erzielen. Wie in der Kameraszene gibt es auch in der Musikszene die Anhänger der rein analogen Techniken, die alles „künstliche“ verteufeln – und das ist auch gut so. Gerade in der Vielfalt der verschiedenen Arten der Erzeugung von Klängen, der unzähligen Musikrichtungen und Stile liegt doch der Zauber der Musik.

…und letztendlich sind wir es doch die beurteilen, ob etwas Kunst ist, oder weg kann.

Wenn du mehr über künstliche Intelligenz erfahren möchtest, dann schaue doch mal hier vorbei.

Quellen:
https://blog.teufel.de/kuenstliche-intelligenz-musik/
https://www.br.de/nachrichten/netzwelt/wie-ki-die-musik-revolutioniert-ai-killed-the-music-star,TqxZbxE
https://www.basicthinking.de/blog/2019/02/13/franz-schubert-ki-kunst/
https://www.dw.com/de/beethoven-10-sinfonie-unvollendete-ki-k%C3%BCnstliche-intelligenz/a-59378632
https://www.landr.com/de/audio-online-mastern/

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Foto von Soundtrap auf Unsplash