Wie vielfältig ist Deutschlands Fernsehen und Kino? Wie steht es aktuell um die Geschlechtergerechtigkeit und spiegelt das Fernsehen die Bevölkerung wieder? Diese Fragen wurden nun im Rahmen einer Studie zur audiovisuellen Diversität für den Bereich TV erneut untersucht. Neben positiven Entwicklungen zeigt sich deutlich der weitere Handlungsbedarf.
Sichtbarkeit und Vielfalt
Vier Jahre nach der ersten umfassenden Untersuchung hat die MaLisa Stiftung, gemeinsam mit den vier großen TV-Sendergruppen und Filmförderungen eine neue Bestandsaufnahmen veröffentlicht. In der Studie „Sichtbarkeit und Vielfalt: Fortschrittsstudie zur audiovisuellen Diversität“ wurde diesmal nicht nur die Darstellung von Frauen im Fernsehen untersucht, sondern auch die verschiedenen Dimensionen von Diversität, wie: sexuelle Orientierung, Menschen mit Behinderungen sowie Zuschreibung der Herkunft berücksichtigt.
Insgesamt wurden rund 25.000 Protagonist*innen und Hauptakteur*innen aus 3.000 deutschen TV-Sendungen sowie rund 8.000 aus 3.800 internationalen Kinder-TV-Produktionen analysiert. Mittels einer repräsentativen Stichprobe und standardisierter Inhaltsanalyse wurden die Sendungen und Produktionen von 17 TV-Vollprogrammen sowie vier Kinderfernsehsendern aus dem Jahr 2020 ausgewertet.
Die zentralen Ergebnisse Zusammengefasst:
Das Geschlechterverhältnis ist laut der Studie weiterhin unausgewogen. Auf eine Frau kommen nach wie vor zwei Männer. Und das über alle TV-Programme hinweg. Jedoch ist das Verhältnis in fiktionalen TV-Produktionen, mit einem Frauenanteil von 47 %, nahezu ausgewogen. Auch im Bezug auf den „Altersgap“ tut sich etwas. Im Vergleich zu 2016 ist ein Anstieg des Frauenanteils in der Altersgruppe 50 bis 59 in TV-Fiktionen zu verzeichnen.
Auch im Kinderfernsehen sind die Ergebnisse ähnlich unausgewogen. In Produktionen aus dem Jahr 2020 sind mehr weibliche Protagonist*innen und Figuren sichtbar geworden, jedoch sind weibliche Fantasie- und Tier-Figuren nach wie vor deutlich unterrepräsentiert.
Großer Handlungsbedarf besteht dafür weiterhin bei der Auswahl von Expert*innen. Bei Informationsformaten erklären Männer zwar nicht mehr alleine die Welt, kommen laut den Ergebnissen aber immer noch am häufigsten als Experte vor. Und das auch in Berufsfeldern, in denen überwiegend Frauen arbeiten. Auch in der Showmoderation (23%) oder in Quiz-Formaten (13 %) bleiben Frauen unterbesetzt.
Im Bezug auf die neu analysierten Dimensionsfelder, konnte die Studie feststellen, dass die sexuelle Orientierung, Migrationshintergrund und Zuschreibungen der ethnischen Herkunft sowie Behinderung nicht so vielfältig im Film und Fernsehen vertreten sind, wie in der Bevölkerung verteilt.
Luft nach oben für die audiovisuellen Diversität in Deutschland
Die Studie hat im allgemeinen zwar weniger Vielfalt im deutschen Fernsehen zum Vorschein gebracht, aber dafür sicherlich mehr Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit für das Thema erzielt.
„Die Ergebnisse zeigen, dass unser Fernsehprogramm noch nicht die Vielfalt der Bevölkerung abbildet.“
Prof. Dr. Elizabeth Prommer,
Leiterin der Studie
Auch wenn in einigen Bereichen noch großer Handlungsbedarf besteht, sind die kleinen Fortschritte zu erkennen. Letztendlich ist zu hoffen, dass die öffentlich-rechtlichen und privaten Sender die Ergebnisse als Ansporn sehen, um das Fernsehprogramm zukünftig abwechslungsreicher zu gestalten. Sodass es die Vielfalt der in Deutschland lebenden Personen widerspiegelt.
Weitere Ergebnisse und Grafiken zur Studie findet ihr bei der MaLisa Stiftung.
Quellen: malisastiftung.org
Pressemeldung: https://malisastiftung.org/wp-content/uploads/PM_Sichtbarkeit-und-Vielfalt_Fortschrittsstudie-zur-audiovisuellen-Diversitaet_5Okt2021.pdf
Pressekonferenz: Fortschrittsstudie zur audiovisuellen Diversität:
https://www.youtube.com/watch?v=hpDgHm1fWgo
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