Kächer ist wohl vielen als Hersteller von Hochdruckreinigern bekannt. Tatsächlich bietet das Produktportfolio des Unternehmens jedoch mehr. Um seine Produkte an den Mann bzw. die Frau zu bringen, hat das Team um Bernd Rützler (Executive Vice President Marketing, Brand Management International Kärcher) zwei unterschiedliche Vorgehensweisen entwickelt, um die Hochdruckreiniger an den Mann und die Fenstersauger an die Frau zu bringen. Dadurch gelang es dem Unternehmen die Marke zu emotioinalisieren und neue Kunden zu gewinnen. Horizont hat in seiner Serie „Best Cases“ vom 24.09.2015 Herrn Bernd Rützler und Patrick Spachmann (Leitung Marketing Deutschland) zu den Herausforderungen, der Vorgehensweise und den Learnings aus den beiden Kampagnen befragt.
Best Case: Eine SWOT-Analyse als Grundstein für das Handeln
Unabhängig davon, ob es um eine Einführung eines neuen Produktes, ein F&E Projekt oder gar um eine Fusion zweier Unternehmen geht. Am Anfang steht immer eine gründliche SWOT-Analyse, welche die externen Chancen und Risiken (bspw. Gesetze oder sonstige Markteintrittsbarrieren oder Marktpotenziale und mögliche Imagesteigerungen) des Unternehmens aufzeigt. Ist sich ein Unternehmen über die internen Stärken/Schwächen und die externen Chancen/Risiken bewusst, so kann es einen Handlungsplan entwickeln, um bspw. die Chancen des Marktes zu nutzen und dadurch seine interne Schwäche zu minimieren.
Dabei ist zu beachten, dass jedes betrieblich orientierte und auf Gewinn ausgerichtete Handeln, viele Anforderungen erfüllen muss. Eine Marketingkampagne ist hier keine Ausnahme. Sie muss den Absatz fördern, das Image der Marke stärken und sich von anderen Marken innerhalb des Unternehmens und auch des gesamten Wettbewerbs abgrenzen. Im Fall Kärcher soll speziell die Kampagne der Fenstersauger überwiegend Frauen ansprechen (vgl. Rützler).
Best Case: Die richtige Planung hilft bei der zielgerichteten Durchführung
Nach der SWOT-Analyse ist es wichtig einen Plan zu entwickeln, der sowohl zu den Unternehmensabläufen als auch zu dem Image des Unternehmens passt. So muss u.a. das Budget und auch die personelle wie auch die maschinelle Kapazität berücksichtigt werden.
Im Fall Kärcher war das Ziel der Kampagnen, die vielfältigen Anwendungsbereiche des Hochdruckreinigers aufzuzeigen und zielgruppenorientiert das Interesse für die Fenstersauger zu wecken. Die Fenstersauger-Kampagne sollte deshalb überwiegend Frauen ansprechen, weil diese das Gerät eher selten kauften. Grund war, dass Kärcher die für Frauen relevanten Vertriebskanäle schlicht nicht genutzt hat. Zwar habe das Unternehmen versucht das Produkt im Baumarkt zu vertreiben, das Problem lag laut Rützler jedoch daran, dass kaum eine Frau an ein Powertools-Regal in einem Baumarkt geht und speziell nach einem Gerät für die Innenreinigung sucht. Kärcher machte also einen Switch und begann mit dem Vertrieb im Elektrofachhandel (vgl. Rützler).
Bei der Vermarktung der Hochdruckreiniger –überwiegend von Männern nachgefragt- ging es jedoch um etwas anderes. Hier sollte der Preis der Geräte in den Hintergrund rücken und der Fokus eher auf die Anwendungsbreite gelenkt werden. Mit entsprechendem Zubehör könne der Kunde das Gerät das ganze Jahr nutzen und vom Auto über Gehwege bis hin zu Abwasserrohren alles Reinigen, so Rützler.
Best Case: Geplantes gekonnt umsetzen
Steht der Plan, so geht es an die richtige Umsetzung. Sind Budgets und Kapazitäten geregelt, geht es nun darum, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln einen möglichst großen Nutzen daraus zu ziehen.
Folglich entwickelte das internationale Management zwei unterschiedliche Ansätze für die zwei Kategorien. Bei den Hochdruckreinigern lag der Fokus auf der emotionalen Darstellung der Geräte. Bei den Fenstersaugern sollte der Nutzen erklärt und somit Interesse geweckt werden.
Entscheidend bei den zwei Kampagnen war wohl, die jeweiligen regionalen Gegebenheiten zu berücksichtigen und nicht „alles einfach überzustülpen“, sagt Rützler. Die Anpassung an regionale Gegebenheiten äußerste sich beispielsweise wie folgt:
Für die Hochdruckreiniger gab es einen 96-Sekunden-Spot, in dem unterschiedliches Zubehör im Einsatz gezeigt wurde. Die einzelnen Märkte haben sich daraus 20-Sekunden-Spots geschnitten, in denen lediglich Zubehör gezeigt wurde, das in der jeweiligen Region die höchste Relevanz hatte.
Best Case: Mediamix
Eine Sonderstellung sei hier dem Mediamix eingeräumt. Dieser regelt die optimale Kombination von Werbemedien bezüglich ihres Beitrags zur Erreichung der jeweiligen Werbeziele (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon) und soll möglichst auf den Gesamtplan einer Kampagne abgestimmt sein.
Der Schwerpunkt für Kärcher lag bei den Produkten auf TV. Jedoch wurde laut Rützler zuvor genau überlegt, welche Kanäle für das jeweilige Produkt wichtig seien und welches Umfeld eine optimale Vermittlung der Botschaft gewährleisten könnte. Für die Hochdruckreiniger sah Kärcher somit die Platzierung in Sportsendungen wie „Formel 1“, „Hattrick“, Champions League und „Sportschau“ für interessant an. Insgesamt gibt Kärcher laut Patrick Spachmann (Leitung Marketing Deutschland) insgesamt 70 % des Werbebudgets für TV und 25 % für digitale Kanäle (Social Media u.ä.) aus . Zudem testet Kärcher auch neue Werbeformate wie bspw. Synch Standard. Das bedeutet:
Sobald ein Kärcher Spot im Fernsehen ausgestrahlt wird, werden zeitgleich automatisch Banner auf themenaffinen Seiten auf den mobilen Endgeräten der User angezeigt, so Rützler.
Best Case: Ergebnisbetrachtung
- Bei der Zubehör-Promotion-Kampagne für die Hochdruckreiniger hatte Kärcher laut Spachmann über 20 Prozent Rücksendungen.
- Die Fenstersauger-Kampagne führte im Zeitraum März/April zu sechsmal höheren Zugriffen als üblich.
- Die Markenerinnerung stieg um 65 %
- Auf Facebook gewann Kärcher 6400 neue Fans
- Über 5000 Personen bewarben sich als Tester für den Fenstersauger
- 98 % wollten das Produkt weiterempfehlen
Best Case: Learnings für Kärcher
- Der Onlineauftritt muss permanent optimiert werden und die Budgets entsprechend verteilt werden
- Die Onlinebanner sind nach dem Markenrelaunch wertiger und fallen dadurch eher auf
Daraus folgert Rützler, dass Online und Mobile in Zukunft auch für Kärcher immer wichtiger wird.
Kärcher beweist mit dieser Vorgehensweise, dass der Erfolg einer Kampagne im Wesentlichen darin beruht strukturiert vorzugehen, sein Umfeld zu kennen, sich von diesem Umfeld abzugrenzen, die richtigen Kanäle zu wählen und neuen Entwicklungen gegenüber stets aufgeschlossen zu sein. Dadurch ist es nicht nur möglich das Image des Unternehmens zu steigern und die Bekanntheit zu erhöhen, sondern auch neue Kunden an das Unternehmen zu binden und somit einen höheren Umsatz zu generieren.
Textquellen:
wiso.net. Reidel, M., 2015. Horizont 39 vom 24.09.2015 Seite 021 / Praxis. Serie Best Cases. abgerufen 18.05.2016
Gabler Wirtschaftslexikon. Esch, F.-R. / Springer Gabler Verlag. Stichwort:Mediamix. / Abgerufen: 18.05.2016
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