Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 81 630 erfasste Fälle von sexueller Belästigung gemeldet. Die Tendenz ist steigend. Sexuelle Übergriffe werden häufig aus Angst und Scham nicht zur Anzeige gebracht. Die Dunkelziffer liegt demnach weitaus höher.
Von sexueller Belästigung sind Frauen und Männer in jeder Altersgruppe betroffen. Im Erwachsenenalter wurden ca. 74% der Frauen und 27% der Männer schon einmal sexuell belästigt. Dazu können Übergriffe, aber auch sogenannte catcalls zählen.
Was sind catcalls?
Aber was bedeutet der Begriff „catcalls“ überhaupt? Unter catcalls versteht man die verbale sexuelle Belästigung. Diese kann in Form von Rufen, Beleidigungen, Sprüchen oder Einschüchterungen vollzogen werden. In Deutschland ist dies im Vergleich zu anderen Ländern, noch nicht strafbar. Doch allein schon die Art und Weise wie man angesprochen wird, die Blicke oder das Gepfeife führt bei vielen Menschen zu einem unwohlen, bedrohlichem Gefühl.
An diesem Punkt kommt chalkback.org ins Spiel.
Was ist chalkback.org?
Chalkback bedeutet ins Deutsche übersetzt soviel wie „zurückkreiden“. Es handelt sich hierbei um eine internationale Jugendbewegung. Sie setzt sich dafür ein, sexuelle Belästigung durch öffentliche Kreideaktionen, Bildung und digitalen Medien zu beenden. Dabei werden Belästigungsgeschichten Wort für Wort mit Kreide auf den Bürgersteig geschrieben und das oft dort, wo sie passiert sind. Die Geschichten werden mit dem Hashtag #stopstreetharassment oder #stopptsexuellebelästigung gekennzeichnet. Anschließend veröffentlicht man die storys in den sozialen Medien. Das Teilen der Geschichten soll hierdurch angeregt werden, sowie der Dialog unter Betroffenen und Mitbürgern. Das Ziel ist es, die Gesellschaft zu sensibilisieren und das Catcalling zu denormalisieren.
Jedes Instagram-Konto der Bewegung beginnt mit „catscallsof“. Ergänzt wird dies durch die jeweilige Stadt. Jugendliche leiten die Bewegung. 54% der Teilnehmer sind unter 18 Jahren und 88% unter 25 Jahren. Inzwischen erstreckt sich das Ganze über 6 Kontinente mit 49 Ländern und 150 Städten. Zusätzliche Veranstaltungen finden regelmäßig statt. Hier wird zum Beispiel zusammen angekreidet oder es gibt die Möglichkeit zum Austausch.
@catcallsofstuttgart
Ruth Herrmann und Esra Kizilaslan betreuen den Instagram-Account von @catcallsofstuttgart. Sie haben das Profil zusammen mit einer Freundin gegründet, um Geschichten zu teilen und Mut zu machen. Täglich erhalten sie über den Instagram-Account viele Nachrichten von Betroffenen. Die Betroffenen möchten ihre Geschichte anonym teilen. Die Nachrichten erhalten sie zum Großteil von jungen Frauen, aber auch von Kindern. Die Betroffenen wissen oft nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen und sind verunsichert. Durch das Ankreiden der Story, möchten die Beiden das Gefühl von Hilflosigkeit umwandeln. Es kommen auch immer mehr Helfer dazu. Die Besprechungen finden aktuell via Zoom statt. Angekreidet wird während Corona unter den nötigen Kontaktbeschränkungen.
Helfen kann übrigens jeder. Auf der Homepage von chalkback findet Ihr weitere Informationen.
Quellen:
Sexuelle Belästigung und Gewalt: gewaltinfo.at
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Deutschland bis 2020 | Statista
Catcalls of Stuttgart: Ankreiden gegen verbale sexuelle Belästigung – Stuttgart – Stuttgarter Zeitung (stuttgarter-zeitung.de)
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