Moderne Kommunikation erfolgt überwiegend durch soziale Netzwerke und digitale Medien. Das hat auch Auswirkungen auf die Politik. Es ist heutzutage normal, dass Bundestagsmitglieder einen eigenen Podcast oder Parteien ganze „Newsrooms“ betreiben. In den USA war der moderierte Austausch zwischen Präsidenten und Volk während der Amtszeit von Donald Trump (2017-2021) besonders schwierig. Ohne journalistische Analysen und erklärende Beiträge wirken komplexe Zusammenhänge oft unverständlich und können Populismus fördern. Was heißt das im Superwahljahr?
Fehlt die Journalistische Einordnung?
Zur Erklärung: Ein Newsroom ist ein Raum, in dem verschiedenste Medien zentral agieren können – von der Pressestelle bis zum Instagram-Kanal. So kann in Krisenphasen schnell ein Statement crossmedial verbreitet werden. In großen Unternehmen ist das keine Neuerung, in der Politik schon. Zum einen kann es von Vorteil sein, ungefiltert über politische Ziele zu reden. So empfindet es zumindest die AfD, die durch ihren Newsroom abbilden möchte, was ihrer Meinung nach nicht korrekt oder ausführlich genug berichtet wird. Gleichzeitig gibt es die Sorge, dass genau diese ungefilterte Kommunikation eher als Eigenwerbung gilt und sich Strukturen abseits der journalistischen Neutralität bilden. Kritische Nachfragen und ein Perspektivwechsel – schwierig. So schreibt René Martens vom MDR: „Als Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer im Juni 2018 Dieselfahrzeuge zurückrufen ließ, veröffentlichte der Newsroom seines Ministeriums für die Medien eine Videobotschaft des Behördenchefs. Interviews gab Scheuer zu diesem Zeitpunkt nicht.“
Politische Kommunikation im diesjährigen Superwahljahr
Im deutschen Superwahljahr 2021 wird nicht nur der Bundestag neu gewählt, sondern auch in die Länderparlamente von Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Klar, dass sich die Kandidaten und Kandidatinnen in diesem Jahr besonders positionieren wollen. Durch Corona sind der Straßenwahlkampf und persönliche Begegnungen kaum möglich. Und so setzt sich der Trend der eigenen (digitalen) Kommunikationskanäle fort. Statt Interviews zu geben oder in Talkshows zu sitzen, wird seit einigen Jahren lieber ohne einen Vermittler kommuniziert. Was heißt das für die Wähler*innen?
Wahlen sind in Zeiten von Fake News, Populismus und globalen Krisen wie der Corona-Pandemie sowieso umkämpft. Das Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht mehr für eine weitere Amtszeit kandidiert, sorgt für weitere Aufmerksamkeit. Die bisherigen Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg haben gezeigt: Die CDU verliert an Zustimmung, eventuell könnte sie bei der Bundestagswahl im September die Mehrheit verlieren. Erste Theorien über eine Ampel-Koalition auf Bundesebene werden ausgetauscht. Das heißt, Parteien wie die CDU müssen sich vor allem in diesem Jahr neue Konzepte überlegen, um bei den diesjährigen Wahlen punkten zu können. Für Wähler*innen kann das verwirrend sein. Verschwörungstheorien über Briefwahlen sind da nur ein Beispiel, wie bestimmte Meinungen zur Gefahr für die Demokratie werden können.
Politik muss mit der Zeit gehen
Andererseits wäre es seltsam, wenn gerade Volksvertreter*innen nicht über soziale Netzwerke kommunizieren würden, so wie die meisten anderen Bürger auch. Stellungnahmen auf Twitter und damit verbundene Kommentare der Community – nicht ungewöhnlich. Die User*innen können direkte Fragen stellen und eventuell mehr Kontakt zu Politiker*innen herstellen als durch klassische Medien. Das dabei auch Fehler passieren ist natürlich. Und wie absurd es wirkt, wenn Parteien nicht zeitgemäß kommunizieren (können), zeigte der YouTuber Rezo 2019 in seinem Video Die Zerstörung der CDU.
Wähler*innen könnten es in Zukunft schwerer haben, sich über politische Prozesse zu informieren, wenn diese nicht mehr kritisch von den klassischen Nachrichten vollständig abgebildet werden. Da mag die Corona-Krise ein Ausnahmefall sein, denn selten mussten sich verschiedenste Politiker*innen so oft erklären. Im Normalfall wird es weniger Eilmeldungen, Statements und Nachrichtenspezials geben, die die akutelle Lage so umfassend abdecken wie momentan. Es scheint unwahrscheinlich, dass sich Wahlberechtigte außerhalb von Krisenzeiten ständig über die aktuelle Lage informieren. Und es ist ebenfalls unwahrscheinlich, das sie sich bei sämtlichen Parteien selbstständig informieren. Ob Journalistische Analysen und unabhängige Stellen wie der Wahl-o-Mat dabei an Bedeutung gewinnen oder verlieren, bleibt umstritten. Eins steht fest: Das Superwahljahr 2021 könnte für uns spannend werden.
Quellen:
MDR.de/ René Martens: https://www.mdr.de/medien360g/medienpolitik/kommunikation-newsrooms-100.html
Bundeszentrale für politische Bildung: https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/medienpaedagogik/medienkompetenz-schriftenreihe/257593/politische-kommunikation-und-digitale-medien-in-der-demokratie
Beitragsbilder:
Pixabay/ clareich: https://pixabay.com/de/photos/bundestag-regierung-politik-369049/
Unsplash/ Bianca Ackermann: https://unsplash.com/photos/EA7lObVQn8I
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