Der Fall Claas Relotius in Zeiten der „Fake News“ – Ein Kommentar

Mein Großvater dreht sich vermutlich gerade im Grabe um. In den 50er Jahren war er selbst als investigativer Journalist für den Spiegel tätig und ist, bis zu seinem Lebensende im Sommer 2014, ein treuer Leser des Nachrichtenmagazins geblieben – wenn auch häufig nur noch, um seine Kritik an der heutigen Berichterstattung zu üben.

„Sagen, was ist.“ betitelt der Spiegel seine 52ste Ausgabe zum Ende des Jahres 2018. Über Jahre hinweg soll Claas Relotius wohl Artikel gefälscht, Details erfunden und Personen, über die er berichtete, nie getroffen haben. Ja sogar Reporter-Preise hat er gewonnen (und inzwischen wieder zurückgegeben).

Für den Spiegel, der mehr als 50 Artikel von Relotius veröffentlicht hat, heißt es nun „Damage Control“. Denn besonders in Zeiten der „Fake News“ darf das Vertrauen der Leser nicht verloren gehen, fragt man sich nach so einem Vorfall doch schnell: „Ist Relotius ein Einzelfall? Wie gut werden die Geschichten, die gedruckt werden überprüft?“

Der Spiegel macht es hier richtig, deckt selbst auf und macht das Thema zur eigenen Titel-Story. Zumindest ein Versuch Transparenz zu zeigen und sicherlich nicht nur wichtig für die eigenen Verkaufszahlen des Magazins, sondern auch für den gesamtdeutschen Journalismus, denn: Ein Einzelfall muss ein Einzelfall bleiben und auch als solcher in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Der Fall Relotius darf nicht zum neuesten Propaganda Material werden, Angst schüren und die Arbeit der vielen guten Journalisten in unserem Land zunichte machen.

Immer mehr neue Details kommen zu der Geschichte ans Licht, die ihr am besten auf der Spiegel-Homepage selbst verfolgen könnt.

Nun will der Spiegel sogar Strafanzeige gegen Claas Relotius erstatten, da dieser wohl per E-Mail falsche Spendenaufrufe gestartet haben soll. Empfänger wurden hier aufgefordert Geld für einen guten Zweck zu überweisen – und zwar auf Relotius Privatkonto.

Die Zeit beklagt in einem Bericht , dass der Spiegel den Fall schon früher aufdecken hätte können. Das wäre sicherlich vorteilhaft gewesen und ist eine berechtigte Anschuldigung. Jedoch sollte man in der Medienbranche das Gesamtbild nicht aus den Augen verlieren und sich vermehrt darauf konzentrieren, den Bürgern die Angst vor weiteren „Fake News“ zu nehmen und den investigativen Journalismus mehr zu fördern und zu stärken sowie sich um zuverlässigere Überprüfungen zu bemühen.

Wer nun selbst etwas tun möchte und sein Weihnachtsgeld nutzen will, um gute Berichterstattung zu fördern, der kann zum Beispiel an die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ spenden.

Wie sich die Affäre auf die Zahlen der Spiegel-Leser im neuen Jahr auswirken wird und mit welchen Konsequenzen Claas Relotius rechnen muss, bleibt abzuwarten.

 

 

 

Quellen:
http://www.spiegel.de/spiegel/
https://www.tagesspiegel.de/medien/fall-claas-relotius-reporter-taeuschte-leser-offenbar-mit-spendenaufruf/23794616.html
http://www.spiegel.de/spiegel/fall-claas-relotius-ein-albtraum-a-1245059.html
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/claas-relotius-gibt-saemtliche-reporterpreise-zurueck-a-
1244769.html
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-12/claas-relotius-spiegel-journalist-reportrage-betrug-verdacht-wiedersprueche
https://www.reporter-ohne-grenzen.de

 

 

 

Emely Hardt

Emely Alexandra Hardt entschied sich, dank eines Vollstipendiums, während ihrer Arbeit als Tänzerin und Choreografin, für ein Fernstudium an der Srh Riedlingen. Sie war bereits an internationalen Filmproduktionen, unter anderem mit Oscar Preisträgerin Brie Larson und Donald Sutherland, beteiligt und gründete im Mai 2017 ihre eigene Produktionsfirma "Smart Hardt". Zusätzlich ist sie seit April 2017 in der In-House Produktion der Constantin Film München tätig.