Der junge Autor Abdullah Doubli stellt im Interview mit dem MuK-Blog sein Werk vor, bringt uns die Bedeutung des Mediums Buch näher und gibt Einblicke in den Verfassungsprozess.
Lieber Abdullah, wir freuen uns sehr, heute mit dir über das „unterschätzte“ Medium (wie es zuvor hier auf dem MuK-Blog genannt wurde) Buch, sprechen zu können. In diesem Sinne, herzlichen Dank, dass du dir dafür die Zeit eingeräumt hast. Als junger Autor in unserer Altersgruppe kannst du uns vielleicht besser als jemand anderes das Medium Buch näherbringen und mit uns darüber sprechen als zu uns.
Johanna Karajan: Was hat dazu motiviert ein Buch zu schreiben?
Abdullah Doubli: Im Grunde genommen eigentlich nur die Fantasie und ein Gespräch mit einem guten Freund von mir. Ich habe ihm von der Geschichte erzählt und er hat mich gefragt, was mich zurückhalten würde. Allgemein schreibst du sie einfach auf. Und dann habe ich mir gedacht, ganz ehrlich, wir haben in Deutschland 90 000 Buchveröffentlichungen im Jahr, also wieso nicht einfach aufschreiben? Ob man dann schreiben kann oder nicht, das stellt sich dann ganz schnell heraus, und das war dann die Motivation dazu.
Mit wie vielen Jahren hast du angefangen, ernsthaft an deinem Buch zu arbeiten?
Effektiv angefangen, habe ich mit ca. 21, aber die ersten Gedanken niedergeschrieben, habe ich tatsächlich schon mit 17. Also ich habe sehr früh angefangen [zum Vergleich: der Autor ist jetzt 28, Anm. d. Red.]. Anfang 20 habe ich ernsthaft angefangen zu schreiben, wenn ich mich zurückerinnern will.
Kannst du uns ein wenig mehr über den genauen Prozess des Buchschreibens erzählen? Welche Phasen bringt es mit sich?
Wenn man ohne Plan an die Sache rangeht, dann wird man merken, dass man schnell auf sog. „Road Blocks“ trifft, weil bestimmte Sachen einfach feststehen müssen, damit die Geschichte Sinn ergibt. Das heißt man muss wissen, was man erzählen möchte, welche Figuren am Ende wo sein müssen, warum sind sie am Ende dort sind, wie sie mit anderen Figuren funktionieren, etc. Für mich war es immer so, dass ich die Kapitel vorstrukturiert habe, d.h. ich wusste, dass ich in dem Kapitel irgendwas erzählen möchte. Der Weg dorthin war dann meistens spontan. Ich habe großen Respekt vor Autor*innen, die schon am Anfang von A bis Z wissen, was sie erzählen wollen! Bei mir war es eher ein Learning by Doing und mal sehen, was passiert.
Also ist es in erster Linie die Geschichte als das Medium selbst, die Motivation diese zu verewigen und an seine Mitmenschen weiterzutragen?
Ja, definitiv! Es hatte nichts mit dem Medium zu tun. Hättest du mir eine Kamera gegeben und ich hätte Ahnung davon, wie ich Filme machen kann, hätte ich wahrscheinlich einen Film gedreht.
Würdest du uns einige Einblicke in deine Geschichte geben? Worüber handelt sie? Was war deine Inspiration? Oder kann man auch von einer sog. Fan-Fiction sprechen?
Nein, eine Fan-Fiction ist es nicht! Es ist tatsächlich ein Universum, das ich mir selbst überlegt habe. Der einzige Unterschied, den man sich vorstellen müsste, ist, wir leben in der gleichen Society wie jetzt mit ähnlichen Strukturen, also wenn man sich dahin verirren würde, würde man merken, „hey, das kommt mir ziemlich bekannt vor!“. Der einzige Unterschied ist, dass die Menschen dort, spezielle Talente haben, die sie dort verwenden können, und den Einsatz dafür für die Gesellschaft machen, zumindest wirkt es nach außen hin so.
Es ist eine Art Fake-Utopie, wenn man dann ein bisschen in den Keller guckt, dann erkennt man, dass alles nicht so ist, wie es scheint. Ein Junge findet sich dort wieder und hat für sein Alter spezielle Talente und bemerkt dann, dass nicht alles so ist, wie es scheint und in dieser Society bewegen wir uns. Das war die Grundidee dafür, von dem, was ich geschrieben habe.
Hat der Aspekt mit den Superkräften Charakter wie bei den Avengers von Marvel?
Tatsächlich hat jeder diese Kräfte, egal wer. Ob das jetzt, der Kassierer vom Supermarkt ist oder jemand anderes. Zwar entsprechen diese Kräfte den Superhelden-Fähigkeiten, wie man sie von den Avengers kennt – es gibt beispielsweise auch verschiedene Vegetationen – aber wir haben keine Entität wie jemand wie Superman, der dann eine Art Omnipotenz ist. So etwas gibt es nicht in dem Sinne. Aber für uns in dieser Realität, in der wir uns befinden, also im Alltag, wäre das alles autonomisch.
Was war deine Inspiration, ein Buch über eine solche Geschichte zu schreiben?
Meine Inspiration ist mein Wachstum als Person. Also womit ich aufgewachsen bin, die ganzen Medien, die ich selbst als Kind konsumiert habe… Ich glaube eine Mischung daraus hat dann dafür gesorgt, dass ich das geschrieben habe. Die Geschichte ist in der Tat definitiv auch ein bisschen gesellschaftskritisch ausgerichtet.
Wenn zu viel Zeit verstreicht, ohne dass man klare Ergebnisse erzielt, dann neigt man schnell dazu, die Motivation zu verlieren. Wie viel Zeit sollte man sich von der Konzeption (wenigstens) bis hin zur Fertigstellung, dass man es einem Verlag präsentieren kann, einplanen?
Das ist eine sehr, sehr gute Frage! Man sollte sich Zeit nehmen. Es ist schwer zu betiteln, wie viele Jahre oder Monate man braucht. Es gibt Menschen, die schreiben Bücher innerhalb von einigen Monaten. ABER(!) Bevor man überhaupt daran denkt, das Buch zu präsentieren, muss es pikobello sein. Ich meine damit nicht, dass es keine Rechtschreibfehler enthalten darf, aber es muss lektoriert sein, es muss quergelesen sein, Logikfehler müssen vernichtet werden und erst dann sollte man auf die Idee kommen, das abzugeben. Dafür sollte man sich definitiv ein bis zwei Jahre Zeit nehmen. Man darf sich nicht entmutigen lassen, wenn man darüber hinauskommt.
Welche Höhen und Tiefen gibt es bei der Verfassung eines Buches?
Die absolute Mega-Höhe ist natürlich, wenn man eine Zusage bekommt, ganz klar. Was die Tiefen betrifft, jeder Mensch geht anders damit um. Bei mir waren das auf jeden Fall so Road Blocks [der MuK-Blog hat bereits Tipps und Tricks gegeben, wie ihr Schreibblockaden lösen könnt. Anm. d. Red.], wenn du keine Ahnung hast, wie du weiterschreiben sollst, und natürlich, wenn Absagen kommen oder im noch schlimmeren Fall gar keine Antworten kommen. Viele Verlage machen sich nicht mal die Mühe zu antworten.
Bei wie vielen Verlagen hast du dich beworben und wie viel Rückmeldung kam letztendlich?
Ich habe mich bei ca. 40 Verlagen deutschlandweit beworben. Davon haben, glaube ich, 17 geantwortet. Es kamen 15 Absagen und zwei Zusagen.
Hast du aus den beiden zusagenden Verlagen selbst entschieden, welcher dein Buch dann veröffentlicht?
Ja, das war ein sog. Selbstkostenverlag, der in Deutschland sehr negativ kommentiert ist. Es gibt da wirklich einige, die kann man fast als Verbrecher bezeichnen. Die sagen einem jedes Manuskript zu und wollen dann 12 000 € von dem*der Autor*in haben. Das steht natürlich nicht im Verhältnis. Der Verlag, für den ich mich entschieden habe, war ein sehr kleiner, familiengeführter Verlag. Die haben einen deutlich geringeren Kostenzuschlag genommen und haben dann auch investiert in das Projekt. Deshalb habe ich mich für sie entschieden. Ich habe tatsächlich keine Zusage von einem klassischen Verlag bekommen. Da bin ich ganz offen.
Hast du von klein auf immer schon gerne Bücher gelesen?
Ja! Meine Mutter hat mir von klein auf immer Bücher vorgelesen und ich bin auch mit der Harry Potter Reihe z.B. aufgewachsen. Wir haben alle Teile vorgelesen bekommen, da waren wir noch Kinder und ich glaube, das hat einen sehr sehr großen Einfluss auf mich gehabt, was das Konsumieren von Büchern angeht. Die Liebe zum Buch hat mich immer begleitet. Ich freue mich auch heute noch, wenn ich Bücher geschenkt bekomme. Vielleicht habe ich als Teenager mal eine Phase gehabt, in der ich keine Bücher mochte, aber jetzt als erwachsener Mann liebe ich sie definitiv.
Wie entwickelt sich die Liebe zum Buch? Welchen Reiz hat sie gegenüber anderen kurzatmigen Medien wie online Content oder Zeitschriften?
Die Liebe zum Buch entwickelt sich schon im frühen Alter. Das hat man bei mir gemerkt. Ich habe immer gerne Bücher gelesen, bevor wir das konnten. Was das Buch abheben lässt von anderen Dingen und warum es so zeitlos ist, ist die Fähigkeit für andere Menschen, die eigene Fantasie anzuregen.
Meinst du denn, dass Leute, die nicht von klein auf so buchaffin gewesen sind, könnten diese Liebe zum Buch noch entwickeln? Was meinst du was dazu gehören würde?
Hundertprozentig! Es muss eigentlich nur das eine richtige Buch her. Wenn die Person das nur einmal querliest und die Wörter der Person zusagen und die Fantasie angeregt wird, dann entsteht von allein die Liebe zum Buch. Der Faktor Zeit wäre dann kein Argument sich nicht dem Buch zu widmen. Wenn der Faktor Zeit mit reinkommt, dann gibt es dafür mittlerweile verkürzte Bücher. Man findet auf jeden Fall etwas.
Würdest du als Autor auch Hörbücher in Betracht ziehen oder erkennst du diese eher nicht als Medium Buch an?
Definitiv erkenne ich sie an! Ich habe selbst auch schon Hörbücher konsumiert. Es ist eine legitime Möglichkeit, wenn man das mag. Nicht jeder mag das. Ich mag es beispielsweise, Bücher vorgelesen zu bekommen und höre zu. Dann ist es eine absolut legitime Variante. Man kann da zwischen Hörspiel und Hörbuch unterscheiden. Ein Hörbuch wird einfach klassisch vorgelesen. Hörspiele beinhalten dann Effekte und Musik und dergleichen. Das sind dann schon Filme im Kopf. Aber auch diese habe ich bereits mehrfach konsumiert.
Laut statistischem Bundesamt liegt der Anteil der deutschen, die Bücher kaufen bei knapp der Hälfte der Bevölkerung (54%). Lohnt es sich bei diesem Abwärtstrend noch Bücher zu schreiben?
Ja, definitiv! Wenn man die Idee hat, ein Buch zu schreiben, dann sollte man es auch wirklich durchziehen. Je nachdem, welche Möglichkeiten man natürlich hat und wie investiert die ganze Sache ist. Auch wenn da ein Abwärtstrend vorliegen mag und wir eine Veröffentlichungsrate von 90 000 Büchern im Jahr haben, sollte man es trotzdem definitiv tun, mindestens zur Selbsterfüllung.
Apropos Selbsterfüllung, nun hattest du von Null auf deine eigene Geschichte und hast ein Buch verfasst. Es gibt jedoch auch zahlreiche Portale, auf denen man bereits für sich oder mit einer gewissen Öffentlichkeit Fan-Fictions, dazu erfundene Geschichten basierend auf einer anderen bereits existierenden Geschichte, komplett canon (originalgetreu) oder etwas abschweifend veröffentlichen kann. Würdest du sagen, dass man darüber auch Bücher schreiben kann?
Definitiv! Es wird zu 99% jemanden geben, der das lesen wird, weil er eben genau in dieser Situation drin ist, dass er sich wünscht, dass da etwas anderes beobachtet oder untersucht wird, das noch nicht angesehen wurde in einem Universum, das schon besteht. Das hat es bei mir auch gegeben: Ich hatte ein, zwei Leser, die mich gefragt haben, ob sie was dazu schreiben können und ich meinte daraufhin, ja klar, logisch, legt los! Ich lese das sogar gerne, ich will wissen, was ihr euch dazuerfindet. Mega!
Was ist deiner Meinung nach notwendig, damit aus dem Abwärtstrend wieder ein Aufwärtstrend wird?
Gute Frage! Für die zukünftigen Generationen – weil für unsere Generation der Zug schon abgefahren ist, entweder man mag Bücher oder man mag sie nicht, auch wenn man noch später dazukommen kann – aber um diesen Abwärtstrend wieder umzudrehen, müsste man eine aktive Anstrengung dafür machen, dass Kinder an Bücher herangeführt werden [dazu hat es auf dem MuK-Blog bereits einen Artikel gegeben, den ihr hier abrufen könnt. Anm. d. Red.] und dass sie auch das Medium Buch lieben werden. Anstatt, dass man ihnen andere Medien vorstellt, (die man ihnen natürlich vorstellen kann) dass man speziell auf die Bücher zurückgreift und sagt: „Guckt euch die an!“, damit die Kinder diese Liebe zum Buch entwickeln, die dann auch mitnehmen und diese irgendwann ins Erwachsenenalter rüber tragen. Dann würde man merken, dass dieser Abwärtstrend sich in die entgegengesetzte Richtung bewegen würde.
Was würdest du zu Studierenden sagen, die sagen, dass sie während ihres Studiums, während ihren Hausarbeiten, bereits so viele Bücher lesen und dann keine Lust mehr haben, privat noch ein Buch zu lesen?
Da kann ich ihnen zustimmen. Ich kenne das von mir auch, ich habe Germanistik studiert. Da mussten wir Unmengen an Texten lesen. Der wichtige Faktor ist, man nimmt sich immer dafür Zeit, was man gerne macht. Ob das jetzt Medien konsumieren, Sport oder was auch immer ist. Man nimmt sich für seine Hobbys Zeit. Wenn jemand wirklich investiert ist in das Medium Buch, dann nimmt man sich auch Zeit dafür. Da kann ich nur sagen: separiere zwischen deiner Arbeit und deinen Hobbys. Und dann wird es dir auch nicht anstrengend sein. Wenn es dann doch zu anstrengend ist, dann hör auf damit.
Hatte die Wahl deines Studiums irgendwas mit deiner Tätigkeit als Autor zu tun?
Ja tatsächlich schon. Ich wollte ein Repertoire neu erlernen, wie ich meine Bücher noch besser machen kann, und da hat mir das viele Lesen während des Studiums sehr geholfen, um eben noch einen größeren Wortschatz zu bekommen und gewisse Feinheiten der deutschen Sprache kennenzulernen, die man dann auch selbst anwenden kann.
Kannst du dir vor diesem Hintergrund vorstellen, jetzt wo du dein Studium fertig hast, ein weiteres Buch zu veröffentlichen?
Definitiv! Ich schreibe zurzeit mehrere Bücher. Es ist die Frage, welches davon ich zuerst fertig mache und das werde ich dann definitiv an einen Verlag senden.
Zum Schluss: Möchtest du dann wieder zu demselben Verlag, der dein erstes Buch veröffentlicht hat?
Den gibt es mittlerweile nicht mehr. Wenn es ihn noch gegeben hätte, wäre ich wahrscheinlich nicht wieder hingegangen. Nicht weil ich die Menschen nicht mag, sondern einfach, weil ich jetzt andere Ambitionen habe.
Ich bedanke mich im Namen des gesamten MuK-Blogs bei dir uns wünsche dir für deinen weiteren Werdegang alles Gute! Das Buch von Abdullah Doubli könnt ihr weiterhin auf Amazon erwerben.