„Sei woanders“ ist nur mehr auf dem Instagram Kanal zu sehen. Zum Schutz der jungen Bevölkerung hat die Kosmetikfirma Lush ein Statement gesetzt. Fünf ihrer Social Media Accounts wurden kürzlich deaktiviert.
Die perfekte Morgenroutine. Ein perfekter Tagesablauf, in dem Platz für gesundes Essen, Sport, Yoga und Achtsamkeits-Übungen ist. Dazu noch ein perfektes Liebesleben und ach ja! – Top gestylt sind sie sowieso immer. Ein solches Bild wird häufig von Influencern beispielsweise auf Instagram oder YouTube präsentiert. Junge Menschen kann das heftig unter Druck setzen. Hilfe – So überdurchschnittlich toll ist mein Alltag nicht! Dass das hier Transportierte häufig nur Fassade ist, und dass auch vermeintlich so perfekte Personen ebenfalls negative Eigenschaften und schlechte Tage haben können, ist den Jugendlichen nicht immer bewusst. Der Vergleich führt häufig zu Selbstzweifeln und zum Streben nach einem verbesserten Ich. Langfristig kann das schwerwiegende psychische Folgen haben. Vergleichst du dich auch mit anderen Personen auf Instagram und Co.?
Lush ’s Statement am Black Friday
Der für gewöhnlich umsatzstärkste Tag des Jahres wurde für das Unternehmen Lush zum Tag der großen Umsatzeinbußen – Und das absichtlich.
Anfangs hielt man die Deaktivierung der Social Media Accounts nur für einen PR-Stunt. Nach einer Pressemitteilung war allerdings klar – Sie meinen es ernst. Man möchte die Bedenken, die von vielen Seiten bezüglich der sozialen Medien geäußert wurden, nicht ignorieren, schreibt das Unternehmen hier. Ihre neuen „Anti-Social Media Grundsätze“ sind auf der Website zu lesen.
Seit dem 26. November ist Lush nun in 48 Ländern von den Plattformen Instagram, Facebook, TikTok, WhatsApp und Snapchat abgemeldet. Das soll so lange so bleiben, bis diese eine sichere Umgebung für ihre Nutzer und NutzerInnen bieten können.
Lush für die mentale Gesundheit der Jugendlichen
Der Verlust für das Unternehmen durch den Ausstieg am Black Friday wird auf etwa 13,3 Millionen US-Dollar geschätzt. Warum verzichtet Lush fortan auf die Präsenz in den sozialen Medien und nimmt somit eine Minderung wichtiger Reichweite in Kauf?
Dazu meldet sich auch der Erfinder der Lush-Badebomben, Jack Constantine, zu Wort. Durch die Erfindung der Badebomben habe er alles daran gesetzt, etwas zu entwickeln, mit dem die Menschen abschalten und entspannen können. Sie sollen die Zeit für ihr Wohlbefinden nutzen. Soziale Medien würden allerdings genau das Gegenteil bewirken. Durch den Algorithmus werden die NutzerInnen permanent animiert, weiterzuscrollen. Genau das verhindert, dass die Menschen abschalten. Wer bei seinen Produkte auf schädliche Inhaltsstoffe verzichtet, sollte auch sonst versuchen, diese zu vermeiden.
Die sozialen Medien bergen Gefahren für die Jugendlichen. Sie werden häufig mit Extremismus, Mobbing oder Fake News konfrontiert. Dazu kommt die sogenannte „Fear of Missing out“, kurz „FOMO“, also die Angst, etwas zu verpassen. Ein Risiko, das vermehrt zu Angststörungen, Depressionen sowie im schlimmsten Fall zu Suiziden führe, so die Aussage von Lush auf ihrer Website. Die Schädigungen seien vor allem auf die Algorithmen und die fehlende Regulation zurückzuführen. Lush vergleicht die sozialen Medien mit einer „dunklen, gefährlichen Gegend“, in die sie ihre KundInnen im echten Leben niemals hinführen würden und dies somit auch nicht im „online-Äquivalent“ tun wollen.
Eine Forderung nach klaren Regeln
Das Unternehmen fordert zudem die Plattformen auf, entsprechende Verhaltensregeln aufzustellen, die Jugendliche schützen. Auch die Regierungen sollen tätig werden: Lush fordert weltweite Gesetzgebungen in diesem Zusammenhang.
Das Unternehmen verabschiedet sich allerdings nicht ausnahmslos von allen Plattformen. Auf YouTube ist Lush weiterhin zu finden. Jedoch ohne Zwang zum Abonnieren, Liken oder Kommentieren. Die NutzerInnen sollen „einfach vorbeischauen, wenn sie möchten“. Sie werden versuchen, neue Wege der Vernetzung zu finden, heißt es. Statt TikTok und Co. soll die Strategie auf Twitter (beispielsweise für den Kundenservice), der E-Mail-Newsletter sowie des Pinterest-Auftrittes ausgebaut werden. Letzterer soll vor allem inspirierenden Content liefern.
Social Media = Depression?
Auch die Wissenschaft beschäftigt sich momentan intensiv mit dem Zusammenhang der Nutzung von sozialen Medien und Depressionen bei Jugendlichen. Schon 2018 konnten die Universitäten Arkansas und Pittsburgh bei einer Studie einen Zusammenhang zwischen der Intensität der Social Media-Nutzung und dem Auftreten von Depressionen erkennen. Untersucht wurde hier ein Zeitraum von einem halben Jahr. Die Universität Montreal hat eine Langzeitstudie mit einer Dauer von 4 Jahren durchgeführt, bei welcher eine Verbindung zwischen der Zeitintensität der Nutzung von sozialen Medien und dem Ausmaß depressiver Symptome gefunden werden konnte.
Bislang konnten keine Kausalitäten, sondern nur Korrelationen entdeckt werden. Viele der Untersuchungen lassen aber vermuten, das die Nutzung von sozialen Medien die Entwicklung einer Depression begünstigen kann. Das Unternehmen Kaspersky hat zudem eine Umfrage durchgeführt und Menschen ab 16 Jahren nach den Gründen gefragt, warum sie sich durch soziale Medien schlechter fühlen. 54 Prozent geben hier an, dass es ihnen schlecht geht, weil nur wenige Personen ihre Fotos geliked oder kommentiert haben.
Setzt das Unternehmen mit seinem Ausstieg einen Trend zu einem bewussteren Umgang mit Social Media?
Auch die Meta Platforms Inc. hat Bedenken zur Nutzung von sozialen Medien geäußert. Warum die Entwicklung der App Instagram Kids eingestellt wurde, liest du hier.
Quellen: T3n.de, Lush.e, Lush.com, Lush Instagram Account, AOK.de, voguebusiness.com, Statista.com Umfrage Kaspersky
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