Wahrnehmung – Wie funktioniert das eigentlich?

Ist dir das schon mal passiert? Du hast mit anderen Menschen gemeinsam dieselbe Situation erlebt, ihr habt aber bei einem anschließenden Gespräch bemerkt, dass ihr diese alle anders wahrgenommen habt? Unsere Wahrnehmung hängt von unseren eigenen Erwartungen und Vorerfahrungen ab. Wir begegnen unserer Umwelt nie vollkommen neutral, sondern mit subjektiven Annahmen. Wie unsere Wahrnehmung im Zusammenhang mit Kommunikation funktioniert und wodurch sie beeinflusst wird erfährst du hier in diesem Blog Beitrag. Damit du unser Miteinander besser verstehst und mit interessantem Hintergrundwissen punkten kannst.

Wie nehme ich etwas wahr?

Stark vereinfacht kann der Ablauf der Wahrnehmung folgendermaßen beschrieben werden: Im ersten Schritt selektierst du für dich wichtige Informationen aus der sozialen Umwelt. Diese Informationen interpretierst du anhand deiner subjektiven Kriterien. Das dabei entstehende Wissen wird in deinem Gedächtnis abgespeichert. Bei Bedarf kannst du dieses dann wieder abrufen.

Stark vereinfachte Darstellung des Ablaufs der Wahrnehmung; Quelle: Laura Schutti in Anlehnung an Six, Gleich, Gimmler; Kommunikationspsychologie und Medienpsychologie (2007)

Welche Faktoren beeinflussen unsere Wahrnehmung?

Eine große Rolle bei unserer Wahrnehmung spielt der Kontext. Hebt sich ein Reiz besonders von der Umgebung ab, erhält er eher Aufmerksamkeit. Gleichsam werden Sachverhalte eher wahrgenommen, die in einer Beziehung zu vorausgegangenen Ereignissen stehen. Hast du dich beispielsweise über die Produkte eines Herstellers informiert, wird dir die Werbung dieser Marke zukünftig eher auffallen als zuvor, weil du schon einen Bezug dazu hast. Wichtig sind auch die persönlichen Erfahrungen, die jeder von uns bereits gemacht hat. Du speicherst diese in deinem Bewusstsein ab. Wirklich bewusst sind dir aber nicht immer alle Erfahrungen, die deine Wahrnehmung beeinflussen.

Unsere Motivation und unsere kognitiven Ressourcen bestimmen, mit welcher Intensität ein Reiz verarbeitet wird. Konkret bedeutet das, inwiefern wir ihn mit zusätzlichen Informationen verknüpfen und ihn kombinieren. Soziale Konstruktionen und Kategorisierungen entstehen meist durch kulturelle Prägungen. Dazu zählen etwa Stereotype. Kategorien dienen vor allem dazu, die Komplexität der Informationen zu reduzieren.

Alle diese Faktoren können dazu führen, dass dieselbe Botschaft in verschiedenen Situationen vom Empfänger unterschiedlich verarbeitet werden.

Elemente, die sich besonders von ihrer Umgebung abheben, werden schneller wahrgenommen. Quelle: Unsplash Ursula Ott

Verzerrte Wahrnehmung

Da wir die Umwelt und somit auch das Verhalten von anderen Personen mit der Brille unserer eigenen subjektiven Einstellungen wahrnehmen, kann dies in weiterer Folge zu Verzerrungen der Realität führen. Glauben wir an ein Eintreten eines gewissen Zustandes, ist es wahrscheinlich, dass das erwartete Ereignis auch tatsächlich stattfindet. Das kommt daher, dass wir uns unseren Erwartungen entsprechend verhalten und somit ein Eintreten fördern. Dieses Phänomen wird als „self-fulfilling prophecy“ bezeichnet.

Was bedeutet das denn genau? Ein anschauliches Beispiel, das bestimmt die viele von uns in ähnlicher Form kennen: Du bist neu in einer Gruppe. Du hast gerade erst begonnen in dieser neuen Tanzschule zu tanzen. Aufgrund des neuen Umfeldes zweifelst du an deinen Fähigkeiten. Die anderen im Kurs sind viel besser, was wenn sie etwas schlechtes über dich denken? Bestimmt möchten die anderen nicht mit dir sprechen. Vor Kursbeginn stellst du dich alleine an den Rand des Raumes. Bei den Gesprächen der anderen beteiligst du dich nicht. Siehst du, keiner spricht mit dir! Wie arrogant hier denn alle sind. Die verurteilen dich bestimmt.

Das Beispiel macht deutlich, dass wir uns unsere Realität in gewisser Weise selbst erschaffen. Wärst du offen auf deine TanzkollegInnen zugegangen, hätte die Situation eventuell anders ausgesehen. Die Selbsterfüllende Prophezeiung ist dennoch nicht per se negativ. Derselbe Mechanismus funktioniert in die positive Richtung. So kannst du sie beispielsweise für deinen beruflichen Erfolg nutzen. Wenn du eine wichtige Präsentation vor dir hast und dir selbst klarmachst, dass diese dir gelingen wird, verhältst du dich mit großer Wahrscheinlichkeit anders, als wenn du dir einredest, dass du sie vermasseln wirst. Dieses Phänomen wird übrigens auch als Pygmalion-Effekt bezeichnet.

Spannende Wahrnehmungseffekte

Halo-Effekt: Du lernst eine neue Person kennen, weißt allerdings noch nicht so viel über sie. Du nimmst sie aber als sehr freundlich wahr. Von dieser Eigenschaft schließt du auf weitere positive Persönlichkeitsmerkmale wie beispielsweise Intelligenz, Kontaktfreudigkeit oder Hilfsbereitschaft. Du bewertest das Verhalten der Person automatisch günstiger. Umgekehrt findet dasselbe statt: Ist dir eine Person unsympathisch, beurteilst du ihr Verhalten dementsprechend.

Ähnlich zum Halo-Effekt wirkt der sogenannte Logik-Effekt. Bei diesem wird ebenfalls aus einer Eigenschaft auf eine andere geschlossen. So geht zum Beispiel der Abteilungsleiter bei einer Mitarbeiterin, die großartige Leistung bringt, davon aus, dass diese auch eine gute Führungskraft wäre.

Durch den Rollen-Effekt werden Personen häufig anhand ihres Erscheinungsbildes bestimmte Merkmale zugewiesen. Ein Mann in Militäruniform wird also automatisch als autoritär eingeschätzt.

Mehr Fachwissen gibt es hier: Vier Marketing Buzzwords aus der Medienwelt

Quellen: Schmidt; Kommunikationspsychologie (2018), Six, Gleich, Gimmler; Kommunikationspsychologie und Medienpsychologie (2007), Stührenberg; Professionelle betriebliche Kommunikation. Erfolgsfaktoren der Personalführung (2003), lexikon.stangl.eu
Bildquelle Beitrags-Titelbild: Unsplash Milada Vigerova